Geldgier“, „Verantwortungslosigkeit“, „im Herzen
krank“ – der aktuelle Skandal um manipulierte Zinssätze durch Banken
in Großbritannien hat massive Reaktionen in der Öffentlichkeit
hervorgerufen. Es ist nach dem Milliarden-Verlust durch riskante
Spekulationen bei der US-Bank JP Morgan bereits der zweite große
Aufruhr in der Branche in diesem Jahr. Einer Branche, die sich gerade
mächtig Mühe gibt, sich wieder mit ihren Kunden zu versöhnen. Die
beteuert, aus den Fehlern der Finanzkrise gelernt zu haben. Die um
Transparenz und mehr Kundennähe bemüht ist. Alles nur Schein? Wird
für die Öffentlichkeit ein schönes Potemkinsches Dorf aufgebaut,
hinter den Palisaden jedoch munter weiter gezockt? Nein, ganz so ist
es gewiss nicht. Wer regelmäßig mit Bankern spricht – zumal jenen,
deren Geschäft in lokal verankerten Instituten betrieben wird –
erfährt, dass sie häufig selbst verzweifelt sind über das System, in
dem sie arbeiten müssen. Denn im Grunde ist es nicht das Verhalten
eines einzelnen Beraters oder eines Bankvorstands, das den Ruf eines
ganzen Berufsstands kaputt macht. Was diese spektakulären Fälle von
Banken-Affären möglich macht, ist ein System, das entweder so gut wie
gar nicht (USA, Großbritannien) oder nur sehr mühselig (Deutschland,
Euro-Zone) die Fehler der Vergangenheit korrigieren kann. Im
Gegensatz zu den angelsächsischen Ländern ist in Deutschland und
Europa einiges auf den Weg gebracht worden, um mehr Transparenz und
Kontrolle in den Finanzsektor zu bringen. Doch die Umstellung geht
langsam und mühselig voran. Das hat auch damit zu tun, dass das
Verhältnis Bank-Kunde sich gerade komplett neu definiert. Banken
verdienen kaum noch etwas am Kundengeschäft, Kunden wiederum bekommen
kaum noch etwas für sichere Anlagen, und an riskante trauen sie sich
gar nicht mehr heran. Es liegt also einiges im Argen im Bankenwesen.
Lösen können die Institute das Problem nur, indem sie das Versprechen
voller Transparenz und besserer Beratungsleistungen glaubhaft
einlösen.
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