Weser-Kurier: Kommentar zum Kita-Programm

Wer zu spät bekommt, den bestraft das Leben. Und
mit ihrem Zehn-Punkte-Programm zum Ausbau der Kindertagesstätten ist
Familienministerin Kristina Schröder verdammt spät dran. Obwohl der
Termin für den Rechtsanspruch schon seit Jahren feststeht, soll 2013
zum „Jahr des Kita-Ausbaus“ werden. Doch der Endspurt ist aller
Wahrscheinlichkeit vergebens: Rund 160.000 Krippenplätze und 30.000
zusätzliche Fachkräfte müssten binnen eines Jahres quasi aus dem Hut
gezaubert werden. Damit kommt das Programm der Familienministerin für
vielen Kommunen und Eltern zu spät. Auch weil der Bund, die Länder
und die Kommunen wertvolle Zeit damit vergeudet haben, sich
gegenseitig die Schuld für den zögerlichen Kita-Ausbau in die Schuhe
zu schieben. Nun fordern die kommunalen Spitzenverbände einen
Notplan. Der liegt gewissermaßen auf dem Tisch – denn nichts anderes
ist Schröders Zehn-Punkte-Programm. Die Bundesregierung versucht, in
15 Monaten aus dem Boden zu stampfen, was in vielen Jahren versäumt
wurde. Und sie operiert dabei mit vielen Unbekannten: Können
verbilligte Kredite klamme Kommunen tatsächlich animieren, neue
Kita-Plätze zu schaffen? Auch sie müssen zurückgezahlt werden. Lässt
sich in der verbleibenden Zeit wirklich eine kleine Armee von
Tagesmüttern aus dem Boden stampfen? Schon wegen der vergleichsweise
geringen Entlohnung ist das nicht unbedingt ein Traumjob. Und wie
groß ist der tatsächliche Bedarf an betriebsnaher Kinderbetreuung?
Viele größere Unternehmen bieten sie bereits. Die Bundesregierung und
die Ministerin haben versäumt, einen echten Plan vorzulegen und nicht
nur ein Sammelsurium von Maßnahmen. Dabei hat der Vorschlag der
Kommunalverbände durchaus Charme, das Betreuungsgeld zumindest
aufzuschieben – wenn nicht sogar ganz zu beerdigen – und dem
Kita-Ausbau Vorrang einzuräumen. Damit verbunden hätte man auch mit
einem Aufschub des Rechtsanspruchs operieren können – in der Ärä Kohl
wurde das für die Vier- bis Sechsjährigen schon einmal vorgemacht.
Aber das Betreuungsgeld ist nun einmal das familienpolitische
Lieblingskind der CSU. Auch wenn die Zweifel an diesem Modell bis
weit in die CDU reichen. Dabei ist es nicht Aufgabe der Regierung,
Lebensentwürfe zu finanzieren. Im Sinne der Kleinsten, der
vielbeschworenen Bildungsrepublik und auch einer höheren
Frauenerwerbsquote ist das Betreuungsgeld jedenfalls nicht.

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