Nein, ein wahrer Sympathieträger war der Mann für
die meisten Deutschen nie. Mit der aus seiner Sicht oft
überempfindlichen Mentalität in der Bundesrepublik ist Josef
Ackermann nie so recht klargekommen. Das Victory-Zeichen im
Gerichtssaal zu Beginn des Mannesmann-Prozesses 2004, die
Ankündigung, trotz Rekordgewinns gut 6000 Mitarbeiter zu entlassen,
um die Deutsche Bank auf noch mehr Profitabilität zu trimmen und
schließlich das inzwischen berühmte Unternehmensziel von 25 Prozent
Eigenkapitalrendite – all das hat dem Schweizer das Image vom
gierigen Banker und der personalisierten Arroganz der Mächtigen
eingetragen. Ihn nur darauf zu reduzieren, täte ihm jedoch zutiefst
unrecht. Ackermann war auch immer ein Mann, der wichtige Denkanstöße
gegeben hat. An dem Etikett ist aber schon etwas dran. Immerhin hat
er den massiven Ausbau des Investmentgeschäfts vorangetrieben und
Anshu Jain als Chef der Investmentsparte höchst komplexe
Finanzprodukte zusammenbasteln lassen. Die Folge waren hohe Verluste.
Ackermann hat den Fehler jedoch korrigiert und mit dem Kauf der
Postbank das Privatkundengeschäft gestärkt. Gestern predigte er
seinen Nachfolgern, dass die Bank ihr Fundament im Heimatmarkt habe.
Und der müsse gepflegt werden. Dafür wird Jürgen Fitschen sorgen, der
pragmatisch-trockene Norddeutsche und langjährige Deutschland-Chef
der Deutschen Bank. Es wird spannend werden, wie Fitschen sich gegen
den smarten Inder Jain behauptet. Eine erste Machtprobe hat er
bereits gewonnen. Jain durfte seinen Favoriten für das Risikogeschäft
nicht in den Vorstand befördern. Das Duo Fitschen/Jain steht jedoch
auch für eine verlorene Machtprobe Ackermanns. Er hätte nämlich
lieber den Ex-Bundesbankchef Axel Weber auf seinem Stuhl gesehen. So
scheidet Ackermann als Mann von der Deutschen Bank, der ihr so viel
Gewinn beschert hat, wie nie zuvor. Er hat der Bank auch Weltgeltung
verschafft. Was er nicht geschafft hat, ist ihr im gleichen Maße die
Wertschätzung und den Respekt der Deutschen zu verschaffen.
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