Im Vergleich zur Regierungskoalition erlebt die SPD
einen ruhigen Sommer. Anders als CDU, CSU und FDP streitet die Partei
kaum öffentlich, was für Sozialdemokraten – gemessen an früheren
Jahren – schon eine Leistung ist. Doch nun ist es mit der Ruhe
vorbei. Mitten im publizistischen Sommerloch haben sich die
Hilfstruppen von Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier
vorgewagt. Was Albig, Schmid und Bartels mit ihren Vorstößen eher
unfreiwillig offenbart haben, ist das Dilemma, in das sich die SPD
mit ihrem Troika-Modell manövriert hat. Die Hoffnung der
Parteigranden, das Land mit der Suche nach dem Spitzenkandidaten in
Atem zu halten, erfüllt sich nicht. Der Reiz ist verpufft. Die
SPD-Führung, das hat gestern Generalsekretärin Andrea Nahles mit
ihrer unwirschen Reaktion klargemacht, will dennoch am Zeitplan
festhalten. Erst nach der Niedersachsen-Wahl im Januar soll
entschieden werden, wer gegen Angela Merkel antritt. Zu groß ist bei
den Sozialdemokraten die Angst, eine frühzeitige Entscheidung könnte
die Flügelkämpfe wieder befeuern und auch den Spitzenkandidaten
beschädigen. Im engsten Führungskreis wird gerne König Fußball zur
Erklärung der Strategie bemüht: „Wenn die Partei in Niedersachsen
gewinnt, dann geht es darum, bei der Bundestagswahl das Tor zu
machen.“ Und dann zu Jahresbeginn 2013 auf die politische
Großwetterlage reagieren zu können: Steinbrück wäre der Favorit,
falls sich die Euro-Krise weiter zuspitzt. Steinmeier ist die
ruhig-vertrauenswürdige Alternative. Gabriel hätte am ehesten eine
Chance, wenn soziale Themen hochkochen. Doch das Spiel auf Zeit
kostet Chancen. Individuelle Vorstöße aus den Reihen des
Spitzen-Trios sind rar. Die SPD schafft es bei vielen Wählern nicht,
sich als personelle und inhaltliche Alternative zu Merkels
Regierungskurs anzubieten. Das erklärt auch, warum die Sozis im
Umfragetief verharren – weit hinter Merkels CDU. Oder, um im Bild zu
bleiben: Mit ihrer Troika ist die SPD vom entscheidenden Tor noch
verdammt weit entfernt. Sie ist noch nicht einmal in Strafraumnähe.
Pressekontakt:
Weser-Kurier
Produzierender Chefredakteur
Telefon: +49(0)421 3671 3200
chefredaktion@Weser-Kurier.de
Weitere Informationen unter:
http://