Land-Grabbing, die Aneignung von
landwirtschaftlichen Flächen, ist ein vergleichsweise neues Phänomen.
Gleichzeitig sind Agrarkonzerne, die Anbauflächen in
Entwicklungsstaaten kaufen, Teil eines sehr alten Problems. Immer
wieder macht sich eine Gruppe Menschen das Leben auf Kosten einer
anderen bequem, während eine dritte Gruppe es sich vielleicht auch
ein bisschen bequem macht, vor allem aber indifferent ist. Man kann
das Kolonialismus nennen. Muss man aber nicht – dafür tritt das
Muster in zu vielen Formen auf. Im aktuellen Fall profitieren die
Investoren von dem billig erstandenen Land. Die Bauern, die das
angebliche Niemandsland bewirtschaftet hatten sind eindeutig die
Verlierer. Endverbraucher in Europa und anderswo profitieren von den
nicht-mehr-ganz-so-stark steigenden Preisen für Lebensmittel und von
Fleisch, Brot und Biodiesel im allgemeinen. Bereits jetzt gibt es
aktive Gegner des Tauschhandels, die allerdings etwas hilflos wirken.
Einer dieser Gegner ist die Regierung, vertreten durch das
Entwicklungsministerium. Dort will man sich zwar gegen Land-Grabbing
einsetzen, rechnet aber nicht damit, dass die Zahl der jährlichen
Geschäftsabschlüsse in nächster Zeit zurückgehen wird. Die
politischen Einflussmöglichkeiten sind und bleiben sehr begrenzt.
Ausichtslos ist die Lage trotzdem nicht. Immer wieder sind in der
Vergangenheit solche Drei-Gruppen-Macht-Konstellationen aufgebrochen.
Politik und Diplomatie haben dabei eine Rolle gespielt, ebenso
Protest der Betroffenen. Oft waren aber auch die
Nur-ein-bisschen-Nutznießer beteiligt, denen die Bequemlichkeit
irgendwann weniger wichtig wurde als andere Dinge. Auch das Problem
Land-Grabbing kann nur auf mehreren Ebenen angegangen werden.
Wahrscheinlich wird der Wandel wie all die anderen Male langwierig
und unvollständig sein. Außerdem werden immer neue Versionen des
alten drei-Gruppen-Spielchens folgen. Beides ist kein Grund, an der
jetzigen Situation festzuhalten.
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