Weser-Kurier:Über Kinderehen schreibt Alexandra Knief:

Genau 1475 verheiratete ausländische Jugendliche
leben in Deutschland. So die Zahlen des Ausländerzentralregisters.
Ein Großteil davon sind junge Mädchen, einige von ihnen sind noch
keine 16 Jahre alt – ihre Ehe verstößt somit gegen das deutsche
Gesetz. Was macht man aber nun mit im Ausland geschlossenen Ehen
unter Beteiligung Minderjähriger? Ohne Ausnahme verbieten oder
Ausnahmen zulassen? Die Politik ist sich einig, dass Kinderehen mit
Beteiligten unter 16 Jahren generell verboten werden sollen. Das ist
auch gut so. In diesem Alter ist in der Regel nicht davon auszugehen,
dass die Betroffenen bereits in der Lage sind, selbstbestimmt darüber
zu entscheiden. Weder hier noch in anderen Kulturkreisen. Die Kinder
und Jugendlichen müssen geschützt werden. Bei den 16- bis 18-Jährigen
sind sich die Parteien jedoch uneins. Während Bundesjustizminister
Heiko Maas (SPD) Ausnahmeregelungen zulassen will, fordern große
Teile der CDU ein pauschales Heirats-Verbot für alle unter 18. Dies
hätte auch eine Gesetzänderung für in Deutschland geschlossene Ehen
zur Folge – bisher dürfen Jugendliche unter bestimmten
Voraussetzungen bereits ab 16 Jahren heiraten, nämlich wenn der
Ehepartner volljährig ist und das Familiengericht die Ehe genehmigt
hat.  Menschenrechtsinstitutionen sehen ein pauschales Verbot
kritisch. Auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung sprach
sich gegen ein generelles Verbot aus. Zu Recht. Es kann nicht bei
allen Ehen unter Beteiligung Minderjähriger pauschal davon
ausgegangen werden, dass das Bündnis ohne selbstbestimmte
Einwilligung beider Partner geschlossen wurde, dass es zwischen den
Ehepartnern keine Zuneigung gibt. Außerdem kann die Annullierung
entsprechender Ehen auch negative Folgen haben, insbesondere für
Kinder. Nicht das Alter, sondern das Wohl jedes einzelnen Betroffenen
sollte der Maßstab für die Entscheidung darüber sein, ob eine Ehe
anerkannt oder aufgehoben wird. Einzelfallprüfungen sind
unumgänglich.

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