Wer ab und zu ein halbes Grillhähnchen verspeist,
muss sich manchmal auch dumme Sprüche anhören. „Du willst wohl deinen
Schnupfen bekämpfen“, lautet einer dieser Kommentare, mit denen ein –
angeblich? – hoher Medikamentenanteil im Geflügelfleisch aufs Korn
genommen werden soll. Zynismus? Galgenhumor? Tatsache ist leider,
dass insbesondere Masthähnchen mit Antibiotika offenbar vollgepumpt
werden. Ein Viertel ihres 39-tägigen Lebens bekommen diese Tiere
Arzneimittel verabreicht. Auch wenn diese sich nicht zwangsläufig im
Fleisch anreichern, bergen sie doch ein gefährliches Risiko: Der
massenhafte Einsatz härtet die Krankheitserreger ab, macht diese
gegen Antibiotika immun. Wenn sie dann Menschen befallen, sind
Medikamente immer öfter wirkungslos. 5000 Patienten in Deutschland
sterben jährlich an den Folgen einer so genannten MRSA-Infektion,
einer Erkrankung mit multiresistenten Keimen. Problem und Ursache
sind seit Langem bekannt. Außer einigen Lippenbekenntnissen der
Agrarbranche und der Politik hat es aber kaum Abhilfe gegeben. Immer
neue Datenerfassungen helfen auch nicht gerade weiter. Nötig sind
vielmehr konsequente Schritte wie das Verbot, dass der behandelnde
Tierarzt die Medikamente nicht auch noch verkaufen und daran
verdienen darf. Auch muss man dringend die Haltungsbedingungen
ändern. Enge Besatzdichten, schlechte Lüftung oder minderwertiges
Futter machen Geflügel und Vieh anfälliger für Krankheiten. Darüber
hinaus sind strenge Kontrollen und Sanktionen unabdingbar. Warum
spielt der Einsatz von Antibiotika bei Legehennen kaum eine Rolle,
bei Masthähnchen dagegen eine so überragende? Erkrankt das männliche
Geflügel wirklich so viel öfter als das weibliche? Hier drängt sich
der Verdacht auf, dass die Medikamente vielleicht doch nicht
ausschließlich gegen Infektionen, sondern auch als „Wachstumsdoping“
eingesetzt werden. Antibiotika haben die – für die Mäster – angenehme
Nebenwirkung, dass die Tiere mehr und schneller fressen.
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