Weser-Kurier: Zur Entscheidung der Europäischen Zentralbank schreibt der Bremer WESER-KURIER:

Mut haben sie da unten im Euro-Tower in Frankfurt,
das muss man den Machern der Europäischen Zentralbank rund um ihren
Chef Mario Draghi lassen. Die Entscheidung, ein zweites großes
Anleihe-Ankaufprogramm für Euro-Schuldenstaaten aufzulegen, hat in
der Bevölkerung und in einschlägigen Foren im Internet empörte bis
gehässige Reaktionen ausgelöst. Der Anfang vom Ende des Euro wird nun
heraufbeschworen, weil die Draghi-Politik als Freifahrtschein für
weiteres Lotterleben auf Kosten der weniger klammen Euro-Staaten –
allen voran Deutschlands – gewertet wird. Und viele fürchten nun eine
gewaltige Inflationswelle über Euro-Land hinwegschwappen. Die Politik
und auch die EZB sind klug beraten, diese Stimmung in der Bevölkerung
ernst zu nehmen. Das ehrgeizige Vorhaben, die Euro-Zone und damit
wohl auch die gesamte europäische Einigungsidee zu retten, wird nur
erfolgreich sein, wenn es den Entscheidern gelingt, die Bürger auf
den Weg mitzunehmen. Und das beginnt damit, ihnen klar zu machen, was
für die Rettungsaktion erforderlich ist. Und wer überhaupt dazu in
der Lage ist. Beispiel EZB: Ihr Hauptauftrag besteht darin, für die
Preisstabilität des Euro zu sorgen. Man könnte auch argumentieren,
dass sie damit gleichzeitig einen Auftrag hat, den Euro insgesamt zu
schützen. Denn wo kein Euro ist, da gibt es auch keine
Preisstabilität. Mithin wäre der Auftrag nicht erfüllt. Die
Konsequenz daraus: Wenn die EZB Maßnahmen ergreift, die dazu geeignet
sind, den Euro als Ganzes zu beschützen, handelt sie in ihrem
Hauptauftrag. Und ganz nebenbei: Sie tut das, wozu sich die Politik
wegen ihrer nationalen Eitelkeiten und ihres disharmonischen
Krisenmanagements schon seit dem Ausbruch der Euro-Krise vor gut zwei
Jahren nicht in der Lage sieht – sie stellt klar, dass sie im
wahrsten Sinn des Wortes um jeden Preis verhindern wird, dass
Spekulanten und Finanzjongleure den Euro kaputt machen. Schließlich
und endlich geht auch der Vorwurf ins Leere, die EZB würde Inflation
hervorrufen. Das Geld, das über die Anleihekäufe in den Markt geht,
würde nur dann Inflation gebären, wenn es in Form von
Investitionskrediten zu Werten umgewandelt würde. Das ist aber nicht
der Fall. Das viele Geld bleibt schlicht im Kreislauf des
Finanzsystems gefangen.

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