Darüber, dass Rentner weiter arbeiten und dies
sogar zum Trend wird, lässt sich trefflich streiten. Je nach
Weltanschauung, Erfahrung oder auch Vorurteilen sind alle Auslegungen
zwischen Ausbeutung und Selbstverwirklichung möglich. Und überall
steckt ein Körnchen Wahrheit drin. Die Empörungs-Fraktion punktet
rasch: 40 Jahre gearbeitet – und dann reicht die Altersversorgung
immer noch nicht für ein angenehmes Leben. Wenn die pure Not Menschen
trotz körperlicher Beschwerden und mit Widerwillen etwa zum Putzeimer
greifen lässt, ist das deprimierend. Dies gilt vor allem für all
jene, die tatsächlich Jahrzehnte in die gesetzlichen Rentenkassen
einbezahlt und fälschlich darauf vertraut haben, dass die Rente
reichen wird. Es gibt sicherlich Hunderttausende bittere Fälle dieser
Art. Allerdings bieten diese Beispiele keinen Anlass, pauschal nach
mehr Gerechtigkeit und Umverteilung zu rufen. Denn notfalls ist unser
Sozialsystem so engmaschig, dass es etwa dank Grundsicherung oder
Wohngeld niemanden total abstürzen lässt. Die Betroffenen müssen dann
– was vielen schwer fällt und für ihren Charakter spricht –
allerdings ihren Stolz überwinden und staatliche Transferleistungen
beantragen. Die Selbstverwirklichungs-Fraktion klingt fröhlicher: Sie
versteht nicht, warum willkürlich bei derzeit 65 Jahren und einem
Monat die Menschen quasi stillgelegt werden sollen. Das ist in vielen
Fällen ein Verlust für die Gesellschaft und das Wirtschaftsleben. Vor
allem spricht vieles dafür, jedem die individuelle Freiheit zu geben,
so lange zu arbeiten, wie er möchte. Es gibt nicht nur in
Führungspositionen und kreativen Bereichen hervorragende Beispiele,
dass das nicht nur funktioniert, sondern die Betroffenen glücklich
macht. Wir durchleiden keine Krisen, wie etwa Kriege, leben relativ
gesund und genießen die Vorzüge einer hervorragenden medizinischen
Betreuung. Logisch, dass unsere Leistungsfähigkeit im Alter und
unsere Lebenserwartung ständig steigen. Da ist es nur konsequent,
wenn künftig viele Menschen im hohen Alter beruflich aktiv sind. So
lange sie Freude dabei haben und nicht aus nackter materieller Not
dazu gezwungen sind, ist dagegen nichts einzuwenden.
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