Die Kräfteverschiebung in Washington ist
perfekt, doch nicht nur die USA müssen sich auf tiefgreifende
politische Veränderungen gefasst machen. Auch für Europa wird das
Wahldebakel der Demokraten Folgen haben. Schließlich präsentiert sich
US-Präsident Obama seit seinem Amtsantritt als Integrationsfigur, der
im Gegensatz zu seinem Vorgänger nicht auf Alleingänge setzt, sondern
die wichtigsten Verbündeten aktiv in Entscheidungsprozesse einbindet.
Davon hat nicht zuletzt Deutschland profitiert, aus der Sicht des
Weißen Hauses fraglos der wichtigste kontinentaleuropäische Partner.
Nun aber sieht sich der Präsident plötzlich neuen Zwängen gegenüber
und tritt als deutlich geschwächter Verhandlungspartner auf. Unter
anderem wollen erzkonservative Republikaner, die nun wichtige
Ausschüsse im Repräsentantenhaus leiten werden, den Antiterrorkampf
deutlich verschärfen. Noch stärker als bisher werden sie Behörden in
Deutschland und anderen europäischen Ländern vorschreiben wollen, wie
sie Sicherheitsmaßnahmen zu gestalten haben – ob an Flughäfen, beim
Frachtverkehr oder dem Abfangen elektronischer Kommunikation. Obwohl
Obama durchblicken ließ, dass in der Außenpolitik mit Kontinuität zu
rechnen ist, werden zumindest nuancierte Veränderungen zu erkennen
sein. Unklar ist zu Beispiel, ob die Republikaner, die traditionell
auf die besondere Freundschaft zu Großbritannien setzen, weiterhin
Kanzlerin Merkel als bevorzugte Ansprechpartnerin ansehen werden,
wenn es darum geht, sich über die europäische Perspektive zu
informieren. Am deutlichsten und unmittelbarsten aber wird die Wende
in Washington auf die Handelspolitik durchschlagen. So wollen die
Republikaner einen deutlich rigoroseren Kurs gegenüber jenen Ländern
steuern, die große Überschüsse gegenüber den USA verzeichnen. Dazu
zählt vorrangig China, wo man aber aus strategischen Gründen auf
leisen Sohlen tritt. Gleich danach rangiert Deutschland, das von den
USA noch dringlicher als bisher unter Druck gesetzt werden dürfte, im
Konzert mit anderen EU-Ländern die Binnennachfrage anzukurbeln, die
Märkte weiter zu öffnen und damit amerikanischen Exporten bessere
Chancen zu geben.
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