Westdeutsche Zeitung: BGH-Urteil zur Bahn = Von Frank Uferkamp

Die Bahn jammert, der Verkehrsverbund
Rhein-Ruhr (VRR) stöhnt – das Urteil des Bundesgerichtshofs hat
sowohl den Konzern wie den Verkehrsverbund hart getroffen. Die Klage
der privaten Konkurrenz hat den wunden Punkt in den gewachsenen
Beziehungen zwischen Bahn und VRR erwischt. Eine Vergabe der
ÖPNV-Leistungen an die Bahn ohne jede Ausschreibung ist selbst dann
nicht rechtens, wenn damit juristische Forderungen aus der
Vergangenheit kompensiert werden sollen. Im Wettbewerbsrecht gilt das
als Mauschelei, ein Unrecht wird nicht durch ein weiteres aufgehoben.
Man könnte auch sagen: Willkommen im 21. Jahrhundert, liebe
Verkehrsmanager. Nun versuchen beide Seiten, ihre Blamage nicht nur
zu kaschieren, sondern sie sogar in eine Bedrohung für den Fahrgast
umzudeuten. Dunkel droht die Bahn mit Einschränkungen im Service und
stellt den Rhein-Ruhr-Express in Frage, der VRR spricht von
Millionen-Löchern, die klaffen und deren Auswirkungen Passagiere
spüren würden. Das ist schlicht unverschämt. Denn das Geschäft im
ÖPNV ist seit Jahren ein stabiler Gewinnbringer für die Bahn. Bereits
zu Jahresbeginn kann der Konzern in diesem Bereich seinen Gewinn
recht genau kalkulieren, steht doch fest, dass die
Milliarden-Zuschüsse über die Länder verlässlich verteilt werden und
die Verkehrsverbünde kaum neue Anforderungen stellen. Dass die
Leistung häufig ungenügend ist, weiß jeder Bahnpendler. Oft reicht
die ganz normale mitteleuropäische Witterung (Hitze, Laub, Schnee,
Wind) für kleine und große Katastrophen. Nun aber gibt es die
Hoffnung, dass sich etwas ändern könnte und das alte Kartell
aufgebrochen wird. Denn das Urteil stärkt die private Konkurrenz. Und
die arbeitet dort, wo sie es bisher darf, pünktlich, zuverlässig und
häufig mit Gewinn – ein Gegenmodell zur Bahn. Die muss nun
schleunigst von ihrem hohen Ross herunter. Eine entscheidende Rolle
könnte dabei die Landesregierung spielen, wenn sie denn die ihr
zukommende Moderatorenrolle mutig wahrnimmt. Düsseldorf bezahlt die
Musik, künftig sollte die Stadt sie auch bestimmen. Die Richter haben
gezeigt, wo die Zukunft liegt: in mehr Wettbewerb, in größerer
Transparenz und damit auch in besserer Leistung.

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