Westdeutsche Zeitung: Bundeswehr-Standorte = von Wolfgang Radau

Um es vorweg zu sagen: Verteidigungsminister De
Maizière hat mit dem neuen Standort-Konzept für die Bundeswehr eine
solide, gut durchdachte Arbeit vorgelegt. Nachdem sein Vorgänger
Guttenberg ein „bestelltes Haus“ versprochen, aber Chaos hinterlassen
hatte, ist De Maizière systematisch an seine Aufgabe herangegangen:
Anpassung der Streitkräfte an die militärischen Notwendigkeiten,
Berücksichtigung der Kassenlage, nach Möglichkeit Ausdünnung in der
Fläche vor Schließung ganzer Standorte. Sozusagen die Quadratur des
Kreises.

Natürlich kommt der Protest postwendend. Etwa von
Baden-Württembergs grünem Ministerpräsidenten Kretschmann. Der kämpft
um seinen Standort Sigmaringen und weiß, wovon er spricht: Die
Hohenzollernstadt beherbergt 1860 Bundeswehr-Angehörige, und
Kretschmann hat dort Wehrdienst geleistet.

Aber auch andere strukturschwache Regionen fühlen sich, als sei
ihnen der Boden unter den Füßen weggezogen worden. In
Schleswig-Holstein, wo mehr als neun von 1 000 Einwohnern auf der
Gehaltsliste der Bundeswehr stehen, werden 4370 Dienstposten
wegfallen – darunter allein 920 am Marine-Standort Glücksburg. In
Bayern gibt die Luftwaffe ihre Basen in Fürstenfeldbruck (1240
Planstellen), in Penzing/Landsberg (2350) und in Kaufbeuren (880)
auf. Nordrhein-Westfalen kommt mit dem Abzug von 1570
Bundeswehrangehörigen in Augustdorf im Lipperland noch relativ
glimpflich davon. Hierzulande verdienen nur zwei von 1 000 Bürgern
den Lebensunterhalt für sich und ihre Familien bei der Bundeswehr.

Die Bundeswehr war gerade im ländlich geprägten Raum über
Jahrzehnte ein bestimmender Wirtschaftsfaktor. Und ein wertvoller
Helfer – denken wir nur an die Hochwasserkatastrophen im Osten
unseres Landes.

De Maizières Liste versucht, all das zu berücksichtigen. Aber die
Bundeswehr ist nicht dazu da, Strukturpolitik zu ersetzen und
Hilfskräfte vorzuhalten. Das ist Aufgabe der Länder und Kommunen. Der
Bund bleibt allerdings in der Verantwortung. Er muss den Regionen
unter die Arme greifen, damit sie zügig und günstig auf den frei
werdenden Grundstücken ihre Zukunft planen und auf neue Füße stellen
können. Industrie, Handel und Gewerbe stehen Gewehr bei Fuß.

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