Westdeutsche Zeitung: Christen sind die meistverfolgte Religionsgemeinschaft – Die Stunde der Fundamentalisten Ein Kommentar von Lothar Leuschen

Das Ergebnis des Referendums in Ägypten dürfte
nun auch dem letzten Träumer die Augen geöffnet haben. Der „Arabische
Frühling“ hat nichts mit Demokratisierung zu tun. Ägypten ist von
Demokratie nach westlichem Vorbild heute weiter entfernt als zu
Mubaraks Zeiten. Und das will etwas heißen.

Während Kairo im Zentrum des weltpolitischen Interesses steht und
Präsident Mursi sein Land immer stärker unter die Knute der Scharia
zwingt, ereignen sich in anderen Ländern Afrikas und in Asien wahre
Dramen. Und immer häufiger sind Christen die Leidtragenden. Experten
zufolge sind sie mittlerweile die meistverfolgte
Religionsgemeinschaft weltweit. In Kenia, Nigeria, Mali, Sansibar und
im Irak sterben Menschen, weil sie zu ihrem Gott beten. Kirchen
werden niedergebrannt, Schulen zerstört. Selbst in der Türkei, das an
die Tür zur Europäischen Union klopft, fühlen sich Christen verfolgt.
Anschläge auf Priester und Missionare verstärken ihre Angst.

Fakten wie diese können Vorurteile gegen den Islam im Allgemeinen
schüren. Dann aber wären sie falsch interpretiert worden. Den
Salafisten oder Islamisten, die den Finger am Abzug haben, mag es
noch um missverstandenen Glauben gehen. Aber hinter ihnen stehen
Organisationen, die ganz andere Interessen verfolgen. Wem das nun
bekannt vorkommt, der hat gut aufgepasst, als in der Schule die
Geschichte des Christentums gelehrt worden ist. Kreuzzüge und
Inquisition waren nicht gerade Sternstunden des abendländischen
Glaubens.

Die Waffen sind heute andere, die Methoden nicht. Die Mursis der
islamischen Welt setzen alles daran, ihre Macht zu stärken und zu
erhalten. Mit Islam und Koran hat das im Grunde nichts zu tun. In den
Städten Ägyptens wissen die Menschen das und begehren auf. Die
Landbevölkerung hingegen folgt eher dem Ruf der Fundamentalisten,
weil politische Willensbildung dort kaum gefördert wird. Ähnlich
verhält es sich in vielen anderen Staaten, in denen Christen oder
andere Religionsgemeinschaften leiden.

Dennoch ist Glaube nicht Opium fürs Volk, er schadet nicht. Der
Glaube an Gott, Allah oder Buddha kann Orientierung, Trost und
Rückhalt geben. Gefährlich wird er nur dort, wo er Freiheit,
Allgemeinbildung und Weltoffenheit ersetzt.

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