Westdeutsche Zeitung: Das Aus für Praktiker ist hart – aber logisch = von Martin Vogler

Zwanzig Prozent auf alles – außer Tiernahrung.“
Der nervige aber einprägsame Werbeslogan von Praktiker ist ein Indiz,
warum die drittgrößte deutsche Baumarktkette gescheitert ist. Wer zu
sehr auf die Schnäppchen-Strategie setzt, lockt zwar kurzfristig
Kunden. Doch ist die Billig-Kampagne zu Ende, gehen diese wieder
anderswo einkaufen. Vor allem gehört zum soliden wirtschaftlichen
Erfolg mehr. Prima Produkte, gute Lage und vor allem
freundlich-kompetente Beratung sind wichtig. Wobei Letzteres in
Baumärkten sehr unterschiedlich geschieht. Heimwerker-Laien fühlen
sich oft alleingelassen. Wenn sie überhaupt Personal finden, parliert
das in unverständlichem Fachjargon. Aber auch nette, kompetente Hilfe
kann man erleben. Abgesehen von den spezifischen Problemen von
Praktiker dürfte Deutschland mit seinen rund 2400 Bau- und
Heimwerkermärkten schlicht überversorgt sein. Die Zahl derer, die
selbst tapezieren, Fliesen verlegen oder ihre Gartenlaube persönlich
zusammenbauen, ist nicht unendlich steigerbar. Nach Jahren des
Wachstums stagnieren die Umsätze. Immerhin hat die Branche darauf
reagiert und steigert die Zahl der Filialen nicht mehr. Aber leider
werden die einzelnen Märkte immer größer. Der Umsatz pro Quadratmeter
ist deshalb seit der Jahrtausendwende krass abgesackt. Verbunden mit
dem gestiegenen Wettbewerbsdruck ist es logisch, wenn Firmen ins
Schlingern geraten. So gesehen kann man in der Schließung von bis zu
315 deutschen Praktiker-Märkten sogar eine sinnvolle Marktbereinigung
sehen, die die Überlebenschancen der Mitbewerber verbessert. Für die
betroffenen Mitarbeiter ist das allerdings kein Trost. Sie fragen
sich, ob ihr früheres Management mit seiner Billig-Strategie richtig
lag. Und sie sehen sogar in der eigenen Unternehmensgruppe am
Beispiel der hochwertiger konzipierten Max-Bahr-Märkte, dass man in
der Branche trotz aller Widrigkeiten auch Geld verdienen kann. Es ist
schade, wenn mit Praktiker ein bekannter Firmenname verschwindet. Die
Beispiele von Neckermann, Quelle, Karstadt oder Schlecker zeigen, wie
rasch so etwas gehen kann. Der Markt bestraft heute gnadenloser als
früher, wenn das Management Fehler macht oder Mitbewerber besonders
einfallsreich sind.

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