Westdeutsche Zeitung: Das Bevölkerungswachstum und seine Folgen – Kein Grund für apokalyptische Visionen Ein Kommentar von Stefan Küper

Die Angst vor einer übervölkerten, vom Hunger
gequälten Welt ist nicht neu. Der britische Ökonom Thomas Malthus
löste schon 1798 mit seiner Bevölkerungstheorie große Ängste aus. Die
These: Mit dem Anstieg der Nahrungsmittelproduktion wachse auch die
Bevölkerung – allerdings steige die Zahl der Menschen viel schneller
als die Menge der verfügbaren Nahrungsmittel. Die Folge seien Hunger,
Elend und Krieg. Heute leben mehr als sieben Mal so viele Menschen
auf der Welt wie zu Malthus– Zeiten – und dennoch sind seine
apokalyptischen Visionen nicht Wirklichkeit geworden. Zwar ist Hunger
eines der größten Probleme, aber nicht, weil insgesamt zu wenig
Nahrung da wäre. Experten sagen, dass bei einer weltweit gerechten
Verteilung der Lebensmittel niemand hungern müsste.

Die Ressourcen der Welt reichen also noch. Dennoch stellt sich die
Frage, ob das auch in einigen Jahrzehnten noch gilt, wenn sich das
Bevölkerungswachstum nicht verlangsamt. Und zugleich drängt die
Aufgabe, die sich die Weltgemeinschaft unter anderem in den
UN-Milleniumszielen stellte: den Teil derer, die hungern müssen,
schnellstens zu verringern.

Der Schlüssel zur Problemlösung liegt in den Entwicklungsländern,
denn nur dort zeigt die Bevölkerungsentwicklung weiterhin steil nach
oben. Zum einen werden die Industrienationen viel mehr tun müssen, um
in diesen Ländern moderne Anbau- und Bewässerungsmethoden zu
etablieren. Dass der Ertrag auf vielen Feldern in Afrika und
Südostasien um ein Vielfaches gesteigert werden könnte, ist bekannt.
Diese Potenziale zu erschließen, ist ein Gebot der Menschlichkeit.

Zum anderen gehört auch in Afrika Familienplanung auf die Agenda.
Nicht durch Zwang wie in China, sondern durch Aufklärung, Bildung und
das Anbieten von Verhütungsmitteln. In einigen Regionen Afrikas
gelingt es bereits, den Irrglauben, dass viele Kinder eine sichere
Zukunft bedeuten, zu verdrängen. Dort wird jungen Paaren erklärt,
dass ihre Familie eine bessere Zukunft hat, wenn sie weniger Kinder
bekommen und diesen den Besuch einer Schule ermöglichen.

Das Bevölkerungswachstum muss also gebremst werden. Aber für
apokalyptische Visionen besteht heute so wenig Anlass wie vor gut 200
Jahren.

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