Westdeutsche Zeitung: Das Krim-Referendum war eine Wahl ohne Alternative – Die Angst vor einem neuen Kalten Krieg Ein Kommentar von Anja Clemens-Smicek

Die Zukunft der Krim hat begonnen, und sie ist
russisch. Nichts anderes war zu erwarten nach einer Wahl ohne
Alternative. Das Ergebnis dieser völkerrechtswidrigen Annexion ist
eine Katastrophe – für die Ukraine, die wegen ihres Wunsches nach
Anbindung an Europa zum Spielball eines globalen Kräftemessens
geworden ist. Für die EU, aber auch für Russland selbst. Denn jetzt
droht ein neuer Kalter Krieg – das Letzte, was die internationale
Staatengemeinschaft angesichts der vielen Herausforderungen in der
Welt gebrauchen kann.

Rückblickend war es ein großer Fehler, dass der Warschauer Pakt
weiland nicht in einem Verteidigungsbündnis mit der Nato aufging.
Damals wie heute hat niemand die Sicherheitsinteressen Russlands
berücksichtigt. Deshalb ist die Zukunft der Krim, eingebettet in die
Russische Föderation, für Kremlchef Wladimir Putin eine existenzielle
Frage. Er weiß, was für ihn auf dem Spiel steht. Er weiß, wie
verletzlich die Wirtschaft seine Landes ist. Trotzdem zeigt er sich
kompromisslos. Das sollten sich die Außenminister der EU-Staaten vor
Augen führen, wenn sie heute zusammensitzen und weitere Sanktionen
beschließen.

Natürlich darf der Westen das Ergebnis des Referendums nicht
kapitulierend hinnehmen. Das wäre ein verheerendes Signal, dass
nationale Souveränität und territoriale Integrität nichts wert sind.
Doch der Weg aus der Krise kann nur am Verhandlungstisch gelingen.
Russland und die EU sind voneinander abhängig. Nicht nur mit Blick
auf die Energiepolitik, wo Putin das Gas hat und Europa das Geld, um
es zu bezahlen. Nur nebenbei sei erwähnt, dass allein in Deutschland
rund 300 000 Stellen direkt vom Geschäft mit Russland abhängen. Eine
echte Isolation Moskaus käme die internationale Gemeinschaft sehr
teuer zu stehen. Denn ohne Russland lassen sich viele Krisen – vom
Syrienkonflikt über Nordkorea bis hin zum iranischen Atomprogramm –
nicht lösen.

Europa muss sich nun bemühen, die Ukraine an sich zu binden und
gleichzeitig Putin die Befürchtung zu nehmen, dass die EU der
verlängerte Arm der Nato sei. Das wird ein Balanceakt auf dem
Drahtseil. Doch die Ukraine als Frontstaat in einer Neuauflage des
Kalten Krieges? Das ist keine Alternative.

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