Der Gipfel von Brüssel ist Erfolg und
Niederlage zugleich. Er ist ein Erfolg, weil die Euro-Staaten erkannt
haben, dass sie ihre Währung retten müssen, auch wenn das mit noch so
großen Schmerzen verbunden ist. Und die Schmerzen werden groß sein,
wenn erst einmal das Ausmaß der Kompetenzen deutlich wird, welche die
Nationalstaaten an Brüssel abtreten müssen.
Der Gipfel von Brüssel ist eine Niederlage, weil sein Ergebnis
unmissverständlich aussagt, dass es die Vereinigten Staaten von
Europa nach US-Vorbild niemals geben wird. Dafür sind die Egoismen
vieler Staaten zu groß.
Großbritannien wird künftig am Katzentisch der Europäischen Union
Platz nehmen. Das Königreich sollte sich ernsthaft fragen, ob Europa
überhaupt noch eine Option ist. Staaten, die nur profitieren, aber
keine Last mittragen wollen, taugen nicht für eine Gemeinschaft.
Insofern ist mit der Niederlage von Brüssel auch eine Art
Heilungsprozess verbunden. Vieles spricht dafür, dass die
Gemeinschaft sich künftig in zwei oder mehr Geschwindigkeiten
entwickeln wird. Da sind einerseits die 17 Euroländer, die sich zu
einer gemeinsamen Geldpolitik durchgerungen haben. Und unter den
restlichen neun wird es außer Großbritannien womöglich auch noch
andere Staaten geben, deren Parlamente dem Beschluss des Euro-Gipfels
nicht folgen wollen. Sie können natürlich dennoch Mitglied der Union
bleiben, aber eben nur im Nebenraum, während am Konferenztisch die
wirklich wichtigen Entscheidungen fallen.
Es ist wahr, dass Frankreich und Deutschland auf dem Weg zu diesem
„Gipfel der letzten Chance“ nicht immer geschickt aufgetreten sind.
Ebenso wahr ist aber auch, dass die Entscheidungen von Brüssel im
Kern die Handschrift Deutschlands tragen: keine Eurobonds,
Schuldenbremsen für alle Staaten, schärfere Sanktionen für
Defizitsünder, stärkere Kontrolle der nationalen Haushalte durch die
Europäische Union. Das sind Schritte in die richtige Richtung.
Die Finanzmarkt- und Eurokrise ist damit gleichwohl nicht
erledigt. Aber wenn alle Staaten nun ihre Hausaufgaben machen, gehen
den Ratingagenturen die Argumente aus, mit denen sie die EU in den
vergangenen Wochen beinahe sturmreif geschossen haben.
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