Es wirkt wie die Trotzreaktion eines verwöhnten
Kindes: Der britische Premierminister David Cameron droht indirekt
mit einem EU-Austritt, wenn sich Brüssel nicht nach den Wünschen der
Briten verändert. Das klingt grotesk, da sich die Briten bislang in
der Rolle des Außenseiters stilisierten und wie kein anderes Mitglied
Vergünstigungen einstrichen. Dennoch sind die Briten EU-skeptisch wie
kaum ein anderes europäisches Land. Das hat einen Grund: Traditionell
nutzen britische Politiker die anti-europäische Stimmung für
innenpolitische Zwecke. So nun auch Cameron, der sich durch die
Ankündigung eines Referendums über die EU-Mitgliedschaft offenbar
seine Wiederwahl 2015 sichern will. Das ist schäbig, denn die
europäische Idee ist zu schade für innenpolitisches Vabanque-Spiel
und außenpolitische Erpressung.
Ein populistisches Referendum ersetzt keine politische Strategie.
Doch genau die hätte Cameron dringend nötig, um den Briten die
Bedeutung der EU klarzumachen. Denn wenn diese von der EU sprechen,
meinen sie allein den gemeinsamen Markt, denn sie sind mental in den
90ern stehengeblieben. Im britischen Denken geht es nur um Geld und
Macht und nochmals Geld. Der Friedensgedanke, der kulturelle
Austausch und enge Kooperation spielen auf der Insel nur eine
nachgeordnete Rolle. Das bestätigt Camerons Argumentation, die allein
auf Bürokratie und Wirtschaft abzielt, anstatt dem die historische
Dimension entgegen zu halten.
Die Gemeinschaft lebt vom konstruktiven Kompromiss. Doch London
bevorzugt seit Jahrzehnten Alleingänge und klammert sich dabei an
seinen längst verlorenen Status als Großmacht. Anstatt von innen zu
gestalten, treiben die Briten aus dem Schmollwinkel quer. Die von
ihnen kritisierten Probleme der EU sind so auch das Produkt ihrer
eigenen Politik.
Dennoch wäre ein Austritt der Briten fatal für alle Beteiligten.
Neben wirtschaftlichen Aspekten ist vor allem die EU-Dynamik in
Gefahr. Bislang wuchs Europa zusammen – für mehr Frieden, Stabilität
und Wohlstand. Die Euro-Krise bremste die Entwicklung zwar, kehrte
sie aber nicht um. Der Austritt der drittgrößten Wirtschaftsnation
könnte hingegen eine Schubumkehr mit unabsehbaren Folgen sein.
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