Westdeutsche Zeitung: Die Macht der Waffenlobby in den USA ist ungebrochen – Das Massaker von Newtownändert nichts Ein Kommentar von Lothar Leuschen

In kaum einer Frage verbieten sich Vergleiche
zwischen Europa und den USA so sehr wie im Umgang mit Waffen in
privater Hand. Die Schweiz ist, gemessen an der Bevölkerungszahl,
eines der Länder mit den meisten Schusswaffen in Privatbesitz. Das
liegt daran, dass Soldaten ihre Gewehre nach Ende ihrer Dienstpflicht
im Bundesheer mit nach Hause nehmen müssen. Dennoch kommt es in der
Schweiz seltener zu Amokläufen. Außerhalb Europas ist Israel ein
Beispiel dafür, dass Waffen in Privatbesitz nicht gleichbedeutend
sind mit Massakern und Amokläufen. Dort gehen Menschen bewaffnet ins
Café, ohne dass etwas ähnlich Schlimmes geschähe wie zuletzt in der
Kleinstadt Newtown.

Der Mord an 20 Erstklässlern im Alter von sechs und sieben Jahren
sowie an sechs Lehrern hat selbst die waffenvernarrten USA
aufgeschreckt. Dennoch hat es eine Woche gedauert, bis die
Lobby-Organisation der Waffenhersteller (NRA) sich geäußert hat. Sie
wolle sagen, zu was sie bereit sei, kündigte die NRA an. Schon das
war im Nachhinein ein untrügliches Zeichen dafür, dass nicht Umkehr
das Gebot der Stunde ist, sondern „weiter so“. Statt Pistolen und
Gewehre aus dem Verkehr zu ziehen, sollen Lehrer bewaffnet werden, um
die Schule gegebenenfalls gegen Attentäter verteidigen zu können. Und
wer nun glaubt, mit diesem Zynismus müsse die NRA grandios scheitern,
der verkennt, dass die Organisation zu den einflussreichsten in den
Staaten zählt. Vier Millionen Mitglieder, zu denen ehemalige
US-Präsidenten wie Ronald Reagan und George W. Bush zählten
beziehungsweise zählen, sind eine Macht. Dank dieser Kraft darf sich
die NRA von ihrem unsinnigen Vorschlag sogar Erfolg versprechen.

Sehr wahrscheinlich wird es aller Lobbyarbeit zum Trotz leichte
Einschränkungen im Waffenrecht geben. So will Präsident Barack Obama
erreichen, dass wenigstens Schnellfeuerwaffen wieder verboten werden.
Am grundsätzlichen Recht auf Waffenbesitz rüttelt er nicht. Dafür
sind die Lobbyisten zu stark.

Den Angehörigen der Opfer von Newtown steht ein trauriges
Weihnachtsfest bevor. Aber in den USA bleibt alles beim Alten. Die
Zeit bis zum Massaker des nächsten irren Gewalttäters läuft. Das ist
ebenso bedrückend wie die Bilder von weinenden Eltern an den Särgen
ihrer Kinder.

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