Westdeutsche Zeitung: Die Spähaffäre um den Bundesnachrichtendienst – Der feine Unterschied Ein Kommentar von Werner Kolhoff

Der BND ist der deutsche
Auslandsnachrichtendienst, er soll die Regierung über andere Länder
informieren, und zwar auch über Dinge, die die Botschaften offiziell
nicht erfahren. Das kann schnell wichtig sein, wie man am aktuellen
Beispiel Irak sieht: Wen würden deutsche Waffen erreichen, wenn man
sie dorthin lieferte, wie stark ist welche Gruppierung, wem kann man
wirklich trauen? Um so etwas geht bei der Auslandsaufklärung, und der
BND hat sich hier, besonders im Nahen Osten, einen recht guten Ruf
erarbeitet. Hinzu kommt, dass in Deutschland viele Menschen leben,
die aus diesen Ländern kommen. Darunter auch solche, die vielleicht
eine Gefahr darstellen. Sie erfasst man nur durch Auswertung der
Kommunikation zwischen dem Ausland und Deutschland.

Die Türkei ist zwar Bündnispartner, ist auch ein befreundetes
Land. Das heißt aber nicht, dass jeder Politiker und das Militär das
auch ist oder jede Gruppierung. Das sieht man daran, dass ein Teil
des Personals von IS – und wohl auch Waffen – über die Türkei nach
Syrien gelangt sind. Wer unterstützt sie, wer duldet das, wer hat
daran welches Interesse? Deutschland mit seinen vielen
wirtschaftlichen, politischen und persönlichen Kontakten in die
Region muss möglichst zuverlässig wissen, was dort los ist.

Was Deutschlands Geheimdienste mit der Türkei machen, ist deshalb
etwas ganz anderes als das, was die USA mit Deutschland machen. Hier
die klassische Aufklärungsarbeit eines Nachrichtendienstes, dort im
Zuge einer regelrechten Überwachungshysterie die systematische
Ausforschung der Kommunikation der Bürger eines sehr eng befreundeten
Landes und ihrer Regierung gleich mit. Das ist der feine Unterschied.

Allerdings, Angela Merkel und andere, die sich in ihrer Empörung
über Washington so weit aus dem Fenster gelehnt haben, hätten diesen
Unterschied besser gleich miterzählt. Oder wussten sie gar nicht, was
der BND so treibt? Dann würde aus dem Affärchen allerdings eine
Affäre. Dann ginge es um Geheimdienste, die ein Eigenleben führen,
über das nicht einmal mehr die Regierung eine Kontrolle hat. Man darf
auf die Antworten des Kanzleramtes gespannt sein.

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