Ausgerechnet Deutschland fehlt noch. Die
anderen Euro-Staaten haben dem Rettungsschirm ESM schon zugestimmt.
Deshalb blickt morgen die Welt gespannt nach Karlsruhe, um zu
erfahren, ob die Richter grünes Licht geben. Diese haben es auch
angesichts des öffentlichen Drucks schwer. Schließlich stehen nicht
nur Zehntausende sehr unterschiedliche Menschen aktiv hinter den
Klagen. Die Mehrheit scheint von immer weiter aufgeblähten
Hilfsmaßnahmen – um Griechenland, Spanien oder andere vermeintlich
leichtsinnig wirtschaftende Staaten im Euro zu halten – genug zu
haben. Die Vorteile der Bequemlichkeit, im Ausland Preise vergleichen
zu können und kein Geld wechseln zu müssen, sind vergessen. Verdrängt
ist, dass die deutsche Wirtschaft bislang wie keine andere vom Euro
profitiert. Wir verdanken unseren hohen Lebensstandard auch der
Gemeinschaftswährung. Vom Verstand her spricht viel dafür, den Euro
für die beteiligten Staaten zu retten, zumal alles andere die
Finanzwelt ins Chaos stürzen würde. Andererseits ist es
nachvollziehbar, wenn viele auf ihr Herz hören: Die Risiken der
vielen Rettungsaktionen scheinen unkalkulierbar. Vor allem für
Deutschland kann alles sehr, sehr teuer werden. Und vor allem
durchschaut kaum ein Normalsterblicher mehr, wie so eine Rettung
wirklich funktioniert oder was der Unterschied zwischen Schirmen der
Marke EFSF (begrenzt) und dem ESM (unbegrenzt) ist. Diese Verwirrung
ist ein hervorragender Nährboden für eine breite Euro-Skepsis. Nicht
nur an Stammtischen. Die Karlsruher Richter sind keine
Wirtschaftsexperten, doch sie haben sich gründlich eingearbeitet und
werden sich ihr Urteil nicht leicht machen. Fatalerweise spielt bei
ihrer Meinungsfindung die Grundsatzfrage, ob nationale Kompetenzen
nach Europa abgegeben werden, eine Rolle. Dieser Trend gilt für
Regierungen oder Notenbanken. Hoffentlich können sich die Richter
dabei von der persönlichen Angst frei machen, auch ihr
Bundesverfassungsgericht könnte in Richtung Europa an Bedeutung
verlieren. Wichtig ist, dass die Richter eine klare Aussage treffen.
Denn weitere Verschleppungen, wie sie der CSU-Mann Peter Gauweiler
mit einem juristischen Kniff versucht, lösen die Probleme nicht.
Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2370
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de
www.wz-newsline.de
Weitere Informationen unter:
http://