Westdeutsche Zeitung: Fromms Abgang rettet kein Vertrauen = von Peter Lausmann

Heinz Fromm ist eine Schlüsselfigur im Versagen
der Sicherheitsbehörden im Umgang mit der Zwickauer Neonazi-Zelle.
Und doch ist er ein Bauernopfer, sein Rücktritt – manche werten ihn
als Entlassung – zum jetzigen Zeitpunkt scheint politisches Kalkül.
Denn es nimmt Druck von seiner Aussage zur Aktenvernichtung vor dem
Untersuchungsausschuss des Bundestages, die für Donnerstag geplant
ist. Und doch: Fromm hat dann die Chance zu beweisen, dass sein
Ausscheiden aus dem Amt eine Konsequenz der Aufrichtigkeit war und
kein weiteres Vertuschungsmanöver. Fromm muss aufklären, denn es geht
nicht nur um die Glaubwürdigkeit des Amtes, sondern um die der
Schützer des Staates. Wer sagt, dass die Sicherheitsbehörden in
Deutschland nach den Neonazi-Enthüllungen eine Vertrauenskrise
durchleiden, neigt zu höflichen Untertreibungen. Den Deutschen sind
ihre Geheimdienste mehr als suspekt – und Bundesnachrichtendienst
sowie Verfassungsschutz haben in den vergangenen Jahren alles dafür
getan, dass sich dieses Misstrauen nicht verflüchtigt. In
regelmäßigen Abständen gewinnt die Bevölkerung den Eindruck, dass
ihre konspirativen Behörden ein Eigenleben führen, das am
Rechtsverständnis von Staat und Bürgern vorbeizugehen scheint. Es
sind die Verbindungen in die Halbwelt des Verbrechens und der
Extremisten, der Einsatz von sogenannten V-Leuten, deren Hintergründe
und Loyalität meist unklar sind. Oft genug scheinen die Behörden
wegzusehen, um ihre Kontakte zu schützen. Oft ist der Preis dafür
sehr, sehr hoch. Dass die jeweiligen Ämter zudem untereinander
rivalisieren und auch die föderale Ebene der Landesbehörden die Sache
weiter verkompliziert, fördert die Pannendichte in der
Verbrechensbekämpfung zusätzlich. Es ist zweifellos wichtig, dass die
Feinde der Demokratie beobachtet werden. Und leider lässt sich die
Welt in diesem Fall nicht eindeutig in Schwarz und Weiß, Gut und Böse
unterteilen. Die Geheimdienste dürfen bei allen Aktivitäten in der
Grauzone aber keinen Zweifel daran lassen, auf welcher Seite sie
stehen. Die Vernichtung wichtiger Akten zur Neonazi-Mordserie mutet
deshalb recht dunkelgrau an. Das kann auch der Rücktritt des
Behördenleiters kaum aufhellen. Die Probleme löst das nicht.

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