Es war die Sprosse, nicht die Gurke. Und auch
Blattsalat sowie Tomate sind rehabilitiert vom Verdacht, den
todbringenden Darmkeim Ehec in den Menschen zu transportieren.
Wahrscheinlich zumindest. Also alles wieder gut?
Nein, nicht alles. Dafür hat es zu lange gedauert, bis das
Robert-Koch-Institut die Sprosse als Überträger ausgemacht hat. Und
es gibt noch weitere Faktoren, welche die Freude über den
mutmaßlichen Erfolg der Forscher trüben.
Gut ist allerdings, dass die Verbraucher sich nun etwas weniger
Sorgen machen müssen bei der Auswahl ihres Gemüses. Gut ist auch,
dass die Landwirte bald wieder bessere Einkünfte werden erzielen
können.
Schlecht ist hingegen, dass der Streit um Entschädigungen für
Gemüsebauern und Klagen etwa gegen die Hamburger Gesundheitsbehörde
eine Diskussion darüber verhindern, wie die Landwirtschaft mit dem
Boden umgeht. Vielleicht ist Ehec ja ein Fingerzeig darauf, dass es
keine gute Idee ist, Gemüse mit Gülle von Rindviechern zu düngen, die
womöglich mit Hilfe der Pharmazie auf Höchstleistung getrimmt werden.
Schlecht ist außerdem das Bild, das Institute, Behörden und
Gesundheitsminister von Bund und Ländern in den vergangenen Tagen
abgegeben haben. Wer ist zuständig? Wer gibt wann welche Auskunft?
Wer bestimmt, wie wo nach was gesucht wird? Dass Hamburg die
spanische Gurke diskreditierte, dass auch Tomaten und Salat tagelang
keine Abnehmer fanden, ist nicht zuletzt einer chaotischen
Informationspolitik und Kompetenzgerangel geschuldet. Wenn es je
gestimmt hat, dass viele Köche den Brei verderben, dann bei der Suche
nach der Ehec-Quelle. Die ist übrigens immer noch nicht gefunden
worden, was sicher nicht zur Beruhigung der Bevölkerung beiträgt. Die
Geschichte lehrt, dass Föderalismus nicht die richtige Antwort auf
länderübergreifende oder gar bundesweite Bedrohungen ist. Solche
Gefahren erfordern es, dass die Abwehr zentral organisiert wird.
Und die Verunsicherung von Millionen von Verbrauchern macht es
dringend notwendig, dass eine Stelle geschaffen wird, an die sich
alle Bürger in solchen Fällen schnell und unbürokratisch per Telefon
oder per E-Mail wenden können.
Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2370
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de