Westdeutsche Zeitung: Griechenland ist wieder einmal gerettet – kurzfristig = von Wibke Busch

Griechenland ist gerettet, der Staatsbankrott
abgewendet – vorerst. Nach erneuter Marathonsitzung haben die
Finanzminister der Eurogruppe grünes Licht für die Auszahlung neuer
Milliardenkredite gegeben. Dazu kommt ein Maßnahmenbündel, um die
Schuldenlast zu drücken. Alle sind zufrieden, die griechische
Regierung atmet auf – bis zur nächsten Horrormeldung aus Athen und
zur nächsten nächtlichen Sondersitzung in Brüssel. Da drängt sich
wieder das Bild vom „Fass ohne Boden“ auf, das seit Beginn der Krise
gerne bemüht wird. Begleitet wird es von der trügerischen Hoffnung
auf das eine Instrument, mit dem sich die Krise beenden lässt. Das
ist derzeit der zweite Schuldenschnitt. Ihn wollen insbesondere die
Deutschen nicht. Natürlich aus innenpolitischen Gründen. Denn welche
Regierung würde den Bürgern im Wahljahr 2013 gerne sagen, dass dies
den deutschen Steuerzahler 17,5 Milliarden Euro – so Berechnungen des
Wirtschaftsweisen Peter Bofinger – kosten wird. Doch jenseits des
Wahlkampfs gibt es durchaus sachliche Gründe, um sich gegen diesen
Schritt zu wenden. Er würde den Reformdruck von den griechischen
Regierungsparteien nehmen, die sich nicht gerade als verlässlich
erwiesen haben. Ohne tiefgreifende Wirtschafts- und Strukturreformen
– so schmerzlich sie auch sind – wird dieses Land aber keine Zukunft
haben. Und so wird die Mehrzahl der Bundestagsabgeordneten auch die
neuen Hilfen abnicken – viele mit der Faust in der Tasche. Umso
unsensibler ist es von Finanzminister Schäuble, das Hilfspaket im
Eiltempo durchs Parlament drücken zu wollen. Das widerspricht nicht
nur demokratischen Gepflogenheiten, sondern weckt Misstrauen. Klar
ist: Dieses Hilfspaket wird nicht das letzte für Griechenland sein.
Das Durchwurschteln geht weiter – es gibt dazu auch keine vernünftige
Alternative. Denn ein Allheilmittel existiert nicht. Die Euro-Krise
ist ohne Beispiel. Niemand weiß, wie ihr beizukommen ist. Diejenigen,
die meinen, ein Ende mit Schrecken sei besser als ein Schrecken ohne
Ende, verschweigen die möglichen Konsequenzen. Geht ein Euro-Austritt
Athens schief, stürzt die EU ins wirtschaftliche und politische
Chaos. Die Leidtragenden wären nicht zuletzt die Deutschen.

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