Klappern gehört zum Handwerk eines Politikers.
Und Horst Seehofer ist wahrlich ein Meister dieses Fachs. In schöner
Regelmäßigkeit lösen Interviews des CSU-Vorsitzenden Schockwellen
aus, die zielgenau in der Berliner Koalition aufschlagen. Fast schon
denkwürdig ist Seehofers Äußerung im „Heute-Journal“, als er
Moderator Claus Kleber zum Schluss den Satz mitgab: „Das können Sie
alles senden!“ Was zum Rausschmiss des damaligen
Bundesumweltministers Norbert Röttgen führte und bei manchem Wähler
den Eindruck hinterließ: Dieser Politiker sagt frei heraus, was er
denkt. Und jetzt dieses Schmuse-Sommerinterview im ZDF. Statt eines
Populisten und Polarisierers sahen die Zuschauer dort einen geradezu
friedfertigen Mann aus Bayern. Einen, der das Klima in der Koalition
lobt – obwohl er eigentlich doch so gerne mit dem Bruch derselben
droht. Einen, der moderate Töne zum Verbleib Griechenlands in der
Eurozone anschlägt und nichts mehr wissen will von seinen Äußerungen,
weitere finanzielle Zusagen an Krisenländer nicht länger mittragen zu
wollen. Woher nur kommt dieser plötzliche Sinneswandel? Vielleicht
merkt der CSU-Chef endlich, dass seine Koalitionssticheleien nicht
den gewünschten Erfolg haben. Seine Landesgruppe in Berlin ist längst
nicht von den Taten ihres Ministerpräsidenten überzeugt. Anders als
weiland Franz Josef Strauß fehlen ihm die Unterstützer, um
unbehelligt gegen CDU und FDP agieren zu können. Im Freistaat selbst
kann Seehofer seine verbalen Attacken auch nicht in Stimmen
umwandeln. Selbst eingefleischte CSU-Anhänger zweifeln inzwischen
daran, dass er bei der Landtagswahl im kommenden Jahr sein
selbstbewusstes Ziel „50 plus x“ wird erreichen können. Trotz der
wirtschaftlich rosigen Lage in Bayern dümpelt die CSU bei höchstens
47 Prozent. In der Partei rumort es. Die FDP, der einzig tragbare
Koalitionspartner, vegetiert bei drei Prozent. Horst Seehofer
befürchtet wohl selbst, er könnte zum Totengräber der einst so
glorreichen CSU werden. Bislang zeigte er sich als Politiker im
bayrischen Wahlkampf-Modus. Jetzt scheint es, als schalte er in den
Angst-Kampf-Modus um. Der schwarz-gelben Koalition in Berlin kann das
etwas Ruhe verschaffen.
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