Westdeutsche Zeitung: In der Familienpolitik abrüsten = Von Wibke Busch

Die Familienpolitik ist zum verminten Gebiet
geworden. Kaum ein Thema sorgt für solch einen erbittert geführten
Streit zwischen den Parteien – wie nicht zuletzt die Debatte um das
Betreuungsgeld zeigt. Das liegt natürlich am Bundestagswahlkampf.
Grund ist aber auch, dass sie eines der wenigen Politikfelder ist, in
dem die Parteien tatsächlich noch große Unterschiede aufweisen.

Zwar ist gegen politischen Streit gar nichts zu sagen – er dient
der politischen Willensbildung und ist in einer Demokratie erwünscht.
Allerdings gibt es beim Betreuungsgeld den Hang, im Eifer des
Gefechtes Menschen wegen ihrer Lebensweise zu verurteilen.

Da werden Mütter, die sich bewusst dafür entscheiden, mit ihrem
Kleinkind zuhause zu bleiben, schnell zum unemanzipierten „Heimchen
am Herd“. Andererseits gelten Frauen, die so schnell wie möglich in
den Beruf zurückkehren wollen, vielfach immer noch als Rabenmütter,
die ihre Kinder in fremde Hände abgeben.

Dabei sollte diese ideologische Kampflinie längst der
Vergangenheit angehören. Politik darf den Menschen nicht
vorschreiben, wie sie zu leben haben. Politik muss aber
Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass jeder seinen individuellen
Lebensplan auch umsetzen kann. Das passiert mit dem Rechtsanspruch
auf einen Kitaplatz für Kleinkinder, der für viele berufstätige
Mütter ein Segen ist.

Nun ist das Betreuungsgeld noch lange kein „Ladenhüter“, bloß weil
es derzeit wenige Anträge gibt. Immerhin wird sich die Zahl der
potenziellen Antragsteller noch deutlich erhöhen, da das Geld für
Kinder gezahlt wird, die ab dem 1. August 2012 geboren wurden, und
viele Mütter und/oder Väter zunächst das Elterngeld in Anspruch
nehmen.

Ob eine Geldleistung, die vielfach in den Konsum fließen dürfte,
allerdings das richtige Instrument ist, um Eltern, die keinen
Kita-Platz in Anspruch nehmen, zu fördern, darf bestritten werden.
Viel wichtiger wäre es, die Rentenansprüche von Müttern, die nicht
arbeiten, weiter zu verbessern. Und den Frauen, die nach längerer
Erziehungspause doch wieder arbeiten wollen, den Wiedereinstieg in
den Beruf zu erleichtern.

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