Es mutet seltsam an, dass sich eine deutsche
Bundesregierung mit einem Awacs-Zugeständnis an die Nato-Partner aus
einem diplomatischen Dilemma winden muss. Es mutet deshalb seltsam
an, weil der Eindruck entsteht, dass es nur um Bündnistreue und
Gesichtsverlust geht. Aber es geht um bedeutend mehr.
Zweifellos haben Bundeskanzlerin Merkel und ihr Außenminister
Westerwelle nicht gerade ihr Meisterstück auf dem internationalen
Parkett abgeliefert, als sie sich im UN-Sicherheitsrat auf die Seite
von Russland und China schlugen. Dabei gibt es für die Neutralität
gute Gründe. Aber die hätten Merkel und Westerwelle besser erklären
müssen. Stattdessen wurde aus der Enthaltung ein „Jein“ nach dem
Motto „Wasch– mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“. Da ist es
kein Wunder, dass die Opposition schäumt und so mancher
Bündnispartner den Kopf schüttelt.
Beide Reaktionen allerdings sind von Eigeninteresse getrieben. Es
ist Wahlkampf in Deutschland. Und so sehr einige der Kanzlerin Kalkül
vorwerfen können, so sehr gilt das für den politischen Gegner. Und
was die westlichen Bündnispartner angeht, wirken auch deren
Entscheidungen mehr gezwungen als zwangsläufig. US-Präsident Barack
Obama soll mit seiner Zustimmung dem Rücktritt seiner Außenministerin
zuvorgekommen sein. Und dass Frankreichs starker Mann deswegen
außenpolitisch Stärke demonstriert, weil er innenpolitisch
schwächelt, ist auch kein Geheimnis. Dazu passt, dass die Nato uneins
darüber ist, wer was unter wessen Führung in Libyen machen soll,
während die Briten Gaddafis Luftwaffe niederringen.
In diesem politischen und diplomatischen Tohuwabohu droht in den
Hintergrund zu geraten, um was es eigentlich geht: Es geht darum,
deutsche Soldaten in einen weiteren Krieg zu schicken, in einen
Krieg, dessen Ende völlig ungewiss ist – wie in Afghanistan.
Vielleicht hat die Bundesregierung mit ihrem Jein wirklich nur
kühl kalkuliert. Vielleicht wollte sie der Bundeswehr aber auch ein
weiteres Schlachtfeld ersparen. Mit der Zustimmung zum Awacs-Einsatz
in Afghanistan wird sie ihre Kritiker nicht befriedigen. Wohl aber
die Mehrheit der Bürger in Deutschland. Und das gehört auch zu den
Aufgaben einer gewählten Regierung.
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