Westdeutsche Zeitung: Jobgarantie bei Siemens = von Martin Vogler

Ist mein Job sicher? Gibt es ihn auch in zehn
oder 20 Jahren noch? Während die wenigsten auf solche Fragen eine
klare Antwort wissen, scheint für Siemensianer die Zukunft rosig: Sie
genießen die Vorzüge der freien Wirtschaft, einschließlich ihrer
häufig besseren Verdienstmöglichkeiten. Und jetzt erfreuen sie sich
einer Jobgarantie, ähnlich wie Beamte oder Angestellte im
Öffentlichen Dienst. Viele fragen sich, warum sich Siemens als
Arbeitgeber auf dieses Risiko einlässt. Denn es kann rasch passieren,
dass die Auftragslage einbricht, und der Konzern mit zu großer
Belegschaft dasteht. Doch natürlich hat Siemens auch da vorgebaut –
trotz der rosig klingenden Garantie gibt es notfalls trotzdem Wege
zum Personalabbau. Auch ist das Wagnis angesichts der Größe von
Siemens gar nicht so riesig: Schwächelt die eine Sparte, geht es
vielleicht der anderen besser. Genau das ist auch der Grund, weshalb
andere Arbeitnehmer jetzt nicht hoffen sollten, dass dieses Modell
auch für sie greift. Der Beschäftigungspakt des Unternehmens mit die
IG Metall könnte zwar eine Signalwirkung haben, wird sich aber nicht
auf den gesamten deutschen Arbeitsmarkt ausbreiten. Besonders für
kleine und mittelständische Firmen wäre es fahrlässig, dem Beispiel
zu folgen. Denn sie sind für Konjunktur- oder Branchenschwankungen
bedeutend anfälliger. Selbst die Gewerkschaften können deshalb eine
allzu große Ausweitung nicht wollen. Im Zweifelsfall wären die
Unternehmen rasch am Ende, wenn sie trotz fehlender Aufträge das
komplette Personal weiterbezahlen müssten. Und damit wären dort alle
Arbeitsplätze weg. Dennoch hat der Siemens-Pakt Signalwirkung. Er
zeigt nicht nur, dass es diesem speziellen Unternehmen wieder besser
als vor einigen Jahren geht, sondern drückt auch eine positive
Grundstimmung in der deutschen Wirtschaft aus. Für Arbeitnehmer
stellt sich das sogar noch viel günstiger dar. Denn Siemens hat die
Vereinbarung sicherlich nicht aus Menschenfreundlichkeit geschlossen,
sondern weil das Unternehmen weiß: Qualifizierte Arbeitskräfte werden
auch aufgrund des demografischen Wandels zunehmend rarer. Die Firmen
müssen sich folglich etwas einfallen lassen, um neue Mitarbeiter zu
gewinnen und gute Leute zu behalten.

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