Westdeutsche Zeitung: Kein Platz für Verschwörungs-Theorien = von Lothar Leuschen

Die Aufregung um den Tod des Topterroristen
Osama bin Laden hat sich ein wenig gelegt. So sehr, dass nun Fragen
auftauchen – und mit ihnen Verschwörungs-Theorien. Warum haben die
USA die Leiche Bin Ladens im Meer bestattet? Warum gibt es keine
Fotos von der Leiche? Warum werden keine Details der Aktion
veröffentlicht? Da ist es kein Wunder, dass Zweifel wachsen, Zweifel
daran, dass Bin Laden tatsächlich in diesem Haus in Abbottabad von
Kugeln US-amerikanischer Elitekämpfer getötet worden ist. War das
wirklich der Mann, der die USA und die ganze Welt mit den Anschlägen
vom 11. September 2001 schockiert hatte? Lebte er überhaupt noch?
Oder lebt er gar immer noch? Bisher haben die Amerikaner diese Fragen
noch nicht befriedigend beantwortet. Verweise auf DNA-Tests
überzeugen die Verschwörungs-Theoretiker so lange nicht, bis die
Ergebnisse dieser Untersuchungen öffentlich gemacht worden sind. Und
die Tatsache, dass Bin Laden unter Berücksichtigung islamischer
Rituale sehr schnell im Meer bestattet wurde, nähren die Zweifel
noch. Denn Seebestattungen sind im Islam unüblich. Mit ein wenig
Abstand betrachtet, gibt es für das Vorgehen der USA freilich gute
Gründe: Nach den Soldaten sind nun wieder die Geheimdienste am Zug.
Sie haben die Aktion und die dabei gefundenen Spuren auszuwerten, in
der Hoffnung, dass ihnen dadurch weitere Terroristen ins Netz gehen.
Da verbietet es sich, zu früh zu viel zu veröffentlichen. Und dass
Osama bin Laden kein Grab bekommen hat, erklärt sich mit der Sorge,
andernfalls eine Pilgerstätte zu schaffen. Bin Laden war ein
Verbrecher, ein Krimineller, ein Mörder, der Tausende von Menschen
auf dem Gewissen hatte. Er war und ist kein Märtyrer, keiner, der
eine Gedenkstätte verdient hätte. Bin Laden ist tot, weil die Navy
Seals ihre Arbeit perfekt erledigt haben. Manch einer, auch in den
USA, wird bedauern, dass der Terrorist sich nicht vor einem Gericht
hat verantworten müssen und dass ihm Haft bis an sein Lebensende
erspart blieb. Für die meisten ist der Tod Bin Ladens eine
Genugtuung, Salbe auf die Wunde, welche die Anschläge vom 11.
September in ihre Seelen geschlagen haben. Für Verschwörungs-Theorien
ist da kein Platz.

Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de