Westdeutsche Zeitung: Keine halben Sachen beim Kirchenaustritt = von Peter Kurz

Wer aus der Kirche austritt, muss keine
Kirchensteuer mehr zahlen – eine rechtliche Selbstverständlichkeit.
Der Kirche aber muss es dann auch unbenommen bleiben, ihrerseits die
Konsequenzen zu ziehen und dem ehemaligen Mitglied die Tür zu weisen.
Halbe Sachen gibt es beim Kirchenaustritt nicht. Das sieht auch das
Bundesverwaltungsgericht so. Dass sich die Richter nicht in
innerkirchliche Angelegenheiten einmischen, ist nachvollziehbar.
Schließlich sind Staat und Kirche getrennt. Nun lässt sich zwar
argumentieren, der Staat stehe doch schon durch das Einziehen der
Kirchensteuer irgendwie auf der Seite der Kirche, und daher sei es
mit der Trennung von Staat und Kirche eh nicht weit her. Doch eben
diese Wirkung kann durch den in staatlichen Gesetzen geregelten
Austritt von jedem Mitglied jederzeit aufgehoben werden. Dass sich
der Staat im übrigen zurückhält und der Kirche nicht auch noch
vorschreibt, sie dürfe keine weiteren Konsequenzen aus dem Austritt
ziehen, ist verständlich. Schließlich ist das ja auch im weltlichen
Leben nicht anders: Zahle ich meinem Tischtennisverein keine Beiträge
mehr, so darf ich mich nicht wundern, dass ich die Sporthalle nicht
mehr betreten darf. Gewiss doch, das Beispiel hinkt. Beim Glauben
geht es um mehr als nur um Pingpong. So ist es sehr wohl
nachvollziehbar, dass jemand die Institution der Kirche ablehnt – so
wie sie organisiert ist und vielleicht auch die Art und Weise, wie
sie ihre Einnahmen verwendet. Ein aufmüpfiges Schäfchen also, das
sich aber dennoch der Gemeinschaft der Gläubigen, der Religion,
verbunden fühlt. Auch wirkt die unnachgiebige Haltung der
katholischen Kirche eher abschreckend. Mit dem faktischen Ausschluss
aus der Gemeinschaft dokumentiert sie, dass die formelle
Mitgliedschaft offenbar wichtiger ist als das Bekenntnis zum Glauben
als solchem. „Pay and pray“ – zahle und bete, sagen Kirchenkritiker
zu dieser Haltung. Das zahlende Mitglied, das nur zu Weihnachten in
die Kirche geht, gehört zur Gemeinschaft, nicht aber der Gläubige,
der eben nur nicht die Institution in der Weise unterstützen will,
wie diese das vorgibt. Dem aber nicht geholfen ist mit einem „Vergiss
deinen katholischen Glauben und such– dir etwas anderes“.

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