Westdeutsche Zeitung: Lebensversicherungen, Bewertungsreserven = von Peter Kurz

Dass die Schuldenkrise auch die
Lebensversicherer trifft, ist nur logisch. Sie haben keine andere
Wahl, als das von den Versicherten eingezahlte Geld zu den aktuell
niedrigen Zinsen anzulegen. Gleichzeitig müssen sie die gegenüber
ihren Kunden fällig werdenden Ansprüche erfüllen, die aus rosigeren
Zeiten mit höherem Garantiezins resultieren. Das kann nur so lange
gutgehen, wie die Vermögenspolster der Unternehmen ausreichen. Auch
Versicherer können auf längere Sicht bei weiter andauernder
Niedrigszinsphase ins Wanken geraten. Da überrascht es nicht, dass
der Staat der Branche – wie zuvor schon den Banken – zur Seite
springt. Immerhin wird in diesem Fall nicht mit Steuergeld gebürgt,
sondern es geht nur um eine Regelung, die den Staat selbst nichts
kostet. Wohl aber mischt er sich massiv ein. Er sichert den Verbleib
von Geld in den Kassen der Versicherer zu, das sie andernfalls an
ihre Kundschaft ausschütten müssten. Auf den ersten Blick führt das
zu Verunsicherung, die auch der Branche selbst nicht behagen dürfte.
Das Vertrauen in das Produkt Lebensversicherung leidet, wenn die
Ablaufleistung zusammengestrichen wird. Generell lässt sich auch
fragen: Wie kommt der Staat dazu, in laufende Vertragsverhältnisse
einzugreifen? Einfach so den Versicherungsnehmern etwas zu nehmen und
es den Unternehmen zu geben? Doch die Gleichung ist komplizierter.
Denn wenn Versicherungsnehmer wie bisher bei Ablauf ihrer Police von
hohen Bewertungsreserven profitieren würden, so hieße das auch, dass
alle anderen, deren Policen später fällig werden, sich einen kleiner
werdenden Kuchen teilen müssten. Da geht es auch um Gerechtigkeit für
die Gesamtheit der Versicherungskundschaft. Und: Der staatliche
Eingriff lässt sich auch als ein Pflock verstehen, der eingeschlagen
wird, um einer verunsicherten Branche mehr Sicherheit zu geben. Eine
Sicherheit, von der nicht nur die Versicherer profitieren. Sondern
die auch den Kunden nützt. Allein 93 Millionen Lebensversicherungen
haben die Deutschen. Ob man das nun als gute Geldanlage ansieht oder
nicht – Tatsache ist, dass die Menschen ihre finanzielle Sicherheit
und ihre Altersvorsorge stark auf dieses Produkt stützen. Wird es
wetterfester gemacht, kommt das auch ihnen zugute.

Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2370
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de
www.wz-newsline.de

Weitere Informationen unter:
http://