Westdeutsche Zeitung: Leiharbeit = Von Lothar Leuschen

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Das klingt
schlicht wie eine Selbstverständlichkeit. Ist es aber nicht. Vielmehr
entwickelt sich die Forderung in diesen Tagen zu einem Zankapfel, der
den Parteien im Streit um die Neuregelung der Hartz-IV-Sätze schwer
im Magen liegt. Denn auch wer Arbeit hat, ist von Sozialhilfe
abhängig, wenn sein Tagwerk die Familie nicht ernährt. So geht es
laut Statistik fast 100 000 der insgesamt etwa 800 000 Leiharbeiter
in deutschen Unternehmen. Sie leisten am Fließband, auf der Baustelle
oder in der Fabrik dasselbe wie ihr festbeschäftigter Nebenmann,
haben aber nur knapp die Hälfte des Geldes in der Lohntüte. Das soll
sich ändern. Darin sind sich die Parteien im Bundestag im Prinzip
einig. Die Frage ist allerdings, wie lange der Leiharbeiter
schlechtere Bezahlung ertragen muss, bis er denselben Lohn für
dieselbe Leistung bekommt. SPD, Gewerkschaften und Grünen kann es
dabei nicht schnell genug gehen, FDP und CDU treten auf die Bremse.
Für beide Meinungen gibt es gute Argumente. Wenn Leiharbeiter schon
nach wenigen Wochen dasselbe verdienen wie Festbeschäftigte, dann
könnten Unternehmen eher geneigt sein, gleich auf Fest-anstellung zu
setzen und auf gemietete Kräfte zu verzichten, hoffen die SPD und
ihre Mitstreiter. Außerdem ist es schlicht ungerecht, wenn zwei
dasselbe tun, dafür aber unterschiedlich entlohnt werden.
Schwarz-Gelb hat die Gerechtigleitslücke durchaus erkannt, fürchtet
aber um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, wenn die
Schere zu schnell geschlossen wird. Für Unternehmer sind Leiharbeiter
zwar nicht billiger, weil ja auch der Verleiher mitverdient. Aber
geliehenes Personal macht Unternehmen flexibler, lässt sie leichter
auf Auftragsschwankungen reagieren. Schon deshalb ist es
verständlich, dass Arbeitgeberpräsident Hundt den Angriff auf die
Leiharbeit verteufelt und ankündigt, Unternehmen würden eine neue
Regelung unterlaufen. Sollen Leiharbeiter besser gestellt werden,
dann ist das von der Wirtschaft nicht zum Nulltarif zu haben. Es ist
nicht ausgeschlossen, dass sie für den Verlust an Flexibilität einen
arbeitgeberfreundlicheren Kündigungsschutz fordert. Dann beginnt das
Spiel von vorn.

Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de