Westdeutsche Zeitung: N E U Der Atomausstieg und seine Folgen für die Energiekonzerne = Von Lothar Leuschen

Einerseits erwartet Eon einen Gewinn von mehr
als zwei Milliarden Euro, verspricht jedem Anleger einen Euro
Dividende pro Aktie. Andererseits will der Energiekonzern
mittelfristig 11 000 Stellen abbauen, viele davon in Deutschland. Da
zeigt der Kapitalismus wieder seine Kehrseite. Die Aktionäre
verdienen, die Beschäftigten verlieren ihre Arbeit. So scheint es zu
sein. Aber nur auf den ersten Blick.

Die plumpe Kapitalismuskritik ist im Fall Eon ebenso
eindimensional wie unangebracht. Sie vermischt die Blickrichtungen.
Während der Gewinn das Zeugnis für geleistete Arbeit ist, bezeichnet
der Stellenabbau, was in der näheren Zukunft auf ein Unternehmen
zukommt. Und über Eon ziehen sich dunkle Wolken zusammen. Die Zeit
der Gelddruckmaschinen geht zu Ende. Eon hat im Zuge der
Energiekehrtwende von Angela Merkel bereits Kernkraftwerke abschalten
müssen, wird aber trotzdem für die Brennelementesteuer zur Kasse
gebeten.

Dafür können weder der Vorstand etwas noch die 85 000
Mitarbeiter.Sie sind Opfer der Sprunghaftigkeit einer Regierung, die
zuerst Laufzeitverlängerungen für AKW verspricht und dann Hals über
Kopf aus der Kernenergie aussteigt – mit sehr gutem Grund,
wohlgemerkt. Doch dafür können sich die deutschen Energiekonzerne in
nichts kaufen. Sie sind vielmehr doppelt gebeutelt. Einerseits wird
ihnen die wichtigste Geschäftsgrundlage entzogen. Andererseits droht
Konkurrenz aus dem Osten. Der russische Konzern Gazprom drängt auf
den deutschen Markt. Und Eon, RWE, EnBW sowie Vattenfall hocken wie
die Kaninchen vor der Schlange.

Ganz schuldlos sind die deutschen Energieriesen freilich nicht an
ihrer misslichen Situation. Zwar kam der Atomausstieg gleichsam mit
Überschallgeschwindigkeit. Aber dass die Ära von Atom und Kohle in
absehbarer Zeit zu Ende gehen würde, war längst kein Geheimnis mehr.
Doch die Konzerne haben es ignoriert. Sie setzten weiter auf
sterbende Technik, statt neue zu entwickeln.

Nun verlieren sie an allen Fronten. „Dann eben Wind statt Atom“
funktioniert nicht mehr unbedingt, weil immer mehr Kommunen auf die
Idee kommen, mit eigenen Stadtwerken eigenen Strom zu erzeugen.

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