Westdeutsche Zeitung: Neufassung Der Minister gibt wegen der Plagiats-Affäre sein Amt auf = von Martin Vogler

Auch kommunikativ war dieser Abgang ein
Desaster. Dass Karl-Theodor zu Guttenberg Live-Übertragungen seines
Rücktritts verhindern wollte, passt in die schlechte Strategie, die
er in den letzten Tagen fuhr. So war es fast schon logisch, dass auch
das Aussperren von Kameras danebenging, weil ein findiger Reporter
ein Handyvideo drehte. Aber vor allem ramponierte die stümperhafte
Öffentlichkeitsarbeit das Image des einstigen Superstars noch weiter.
Die Frage ist: Hat ihn da jemand extrem schlecht beraten – oder war
er schlicht mit den Nerven am Ende? Letzteres zumindest scheint
sicher zu sein. Denn die Kampagne, die den bislang Erfolgsverwöhnten
traf, war voller Schärfe und Häme. Anfangs stand nur der politische
Gegner dahinter, dann wurde es bei immer mehr angeblichen politischen
Freunden und sonstigen Meinungsführern schick, Guttenberg zu
verhöhnen. Schon seit Tagen hatte der Ex-Verteidigungsminister gegen
diese geballten Angriffe keine Chance mehr. Dass er dennoch
versuchte, sich durchzulavieren und dabei aber in der Kommunikation
versagte, ist diesem enormen Druck geschuldet. Ein früherer Rückzug
wäre für alle besser gewesen – für die Bundeswehr, die deutsche
Politik und für ihn selbst. Auch objektiv war Guttenbergs Position
nicht haltbar. Zu offensichtlich traf der Plagiatsvorwurf zu. Zu
abstrus war die Logik der Kanzlerin, als diese versuchte, die
Titel-Affäre von seiner politischen Funktion zu trennen. Einzig
verblüffend bis zuletzt war, dass das große Wohlwollen, das
Guttenberg in der Bevölkerung genießt, angesichts der Schwere der
Vorwürfe nicht ins Bodenlose sank. Er wird wohl auch nach diesem
verhältnismäßig würdevollen Rücktritt ein Sympathieträger bleiben.
Dennoch ist die politische Karriere Karl-Theodor zu Guttenbergs zu
Ende, folglich wird es ihn – was viele bedauern werden – nie als
Kanzler geben. Jetzt sollten wir seinen Rücktritt zur Kenntnis nehmen
und aufhören, seine Doktorarbeit und einzelne Aussagen zu sezieren.
Er hat nicht entschuldbare Fehler gemacht. Daraus hat er gestern die
Konsequenzen gezogen – und wir sollten ihn jetzt in Ruhe lassen.
Wenden wir uns lieber der Frage zu, wie es sinnvoll mit der
Bundeswehr weitergeht. Und mit dem Kabinett.

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