Westdeutsche Zeitung: Ratingagentur Moody–s = von Peter Kurz

Wie Ratingagenturen zu ihren Ergebnissen
kommen, ist wenig transparent. Sie bewerten, wie es um die
Erfolgsaussichten von in Angriff genommenen Reformen steht. Auch sie
können aber nicht zuverlässig vorhersagen, wie politische
Weichenstellungen wirken. Hinzu kommen Zweifel, welche Interessen
hinter den Bewertungen durch die Agenturen stehen. Zumal diese sich
in der Vergangenheit keineswegs durch Unfehlbarkeit empfohlen haben.
Den Zusammenbruch von Lehman Brothers 2008 etwa sahen auch sie nicht
kommen. All diese Zweifel vorausgeschickt, muss aber doch gefragt
werden: Wen eigentlich kann die Warnung, dass auch Deutschland in der
Staatsschuldenkrise sein Spitzenrating verlieren könnte, ernsthaft
überraschen? In aller Deutlichkeit wurde es uns doch erst dieser Tage
in dem noch schwebenden Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht
vor Augen geführt: Bei dem dort verhandelten Euro-Rettungsschirm geht
es um schwindelerregende Milliardenbeträge, mit denen Deutschland
haftet. Beträge, die durchaus dazu führen können, dass der
Handlungsspielraum immer kleiner wird. Worauf Wirtschaftsexperten
schon lange mahnend hinweisen und was die Ratingagentur Moody–s jetzt
eigentlich nur nachvollzieht, liegt doch für jedermann offen zutage:
Verschuldet sich auch Deutschland immer weiter, muss die
Kreditwürdigkeit des Landes insgesamt sinken. Folge: Der
Finanzminister und damit der Steuerzahler zahlt höhere Zinsen, wenn
er sich Geld leiht. Niemandem ist gedient, diese jetzt auch von einer
weiteren Instanz ausgesprochene Wahrheit auf die leichte Schulter zu
nehmen. Noch ist es ja nur eine Warnung. Noch sind die Deutschen auf
einer Insel der Seligen, was die Niedrigzinsen für die Kreditaufnahme
betrifft. Doch das muss nicht so bleiben. Eben darauf hat Moody–s
hingewiesen. Übrigens wäre es zu viel der Ehre für den
Bundeswirtschaftsminister, wenn man sagte, er habe dieses
Negativurteil durch seine Äußerungen zum Austritt Athens aus der
Eurozone provoziert. Die Rating-Experten dürften ihren Report kaum
übers Wochenende geschrieben und von einem Philipp Rösler abhängig
gemacht haben. Ob sein Vorpreschen klug war, steht auf einem anderen
Blatt.

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