Es wird langsam ernst bei der SPD: Die
Entscheidung darüber, wer im kommenden Jahr Kanzlerin Angela Merkel
herausfordern soll, rückt näher. Auch wenn er die Gerüchte um Andrea
Nahles als „Quatsch“ bezeichnet, sendet Sigmar Gabriel eindeutige
Signale: Der Chef im Ring bin ich.
In der Tat haben sich die Gewichte bei den Genossen in den
vergangenen Monaten deutlich verschoben. Bis zum Herbst galt Peer
Steinbrück als klarer Favorit. Sein Thema, die Finanzkrise und ihre
Folgen, war in aller Munde, Steinbrück lag in den Umfragen deutlich
vorn. Doch er hat es mit der Eigenwerbung übertrieben, die
Steinbrück-Festspiele auf allen Kanälen haben ihm eher geschadet.
Sein doch schon vorgerücktes Alter wird nun thematisiert, auch wird
die Tatsache gegen ihn gewendet, dass er noch nie eine Wahl gewonnen
hat.
Das trifft allerdings ebenso auf Frank-Walter Steinmeier zu, der
die katastrophale Niederlage bei der jüngsten Bundestagswahl zu
verantworten hatte. Aber er hat sich mit seiner besonnenen und
seriösen Art in der Partei viele Freunde gemacht. In einem Wahlkampf,
in dem die SPD sich gegen eine Angela Merkel durchsetzen müsste, die
stark auf ihren Kanzlerbonus setzen dürfte, sind das wertvolle
Eigenschaften.
Gabriel wiederum hing lange das Image eines Luftikusses an. Das
Sprunghafte hat er abgelegt, der Partei hat er auch durch seine
temperamentvolle Art neues Leben eingehaucht. Als er den Chefposten
übernommen hat, war die SPD klinisch tot. Nun hat sie zumindest
wieder Chancen auf eine Regierungsbeteiligung. Dass er es ernst
meint, zeigen nun die Gerüchte um Andrea Nahles. Gabriel war nie ein
Fan der Generalsekretärin, musste sie damals aber akzeptieren, weil
die Parteilinke es so wollte. Doch sie hat in ihrem Amt kaum Akzente
gesetzt, wirkt merkwürdig gehemmt und hat viel vom früheren Elan
verloren. Darf sie tatsächlich den Wahlkampf nicht leiten, ist sie
entmachtet. Dann wäre auch ihr Abgang nur noch eine Frage der Zeit.
Die K-Frage wird also in erster Linie von Gabriel beantwortet. Er
hat den ersten Zugriff, die Basis hat ihm gerade erst auf dem
Parteitag den Rücken gestärkt. Entweder er greift selbst zu, oder er
lässt Steinmeier den Vortritt. Steinbrück ist nur noch Außenseiter.
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