Westdeutsche Zeitung: U3-Rechtsanspruch = von Lothar Leuschen

Die Gesellschaft verändert sich. Also müssen
sich auch die Regeln gesellschaftlichen Lebens ändern. Insofern hat
die Bundesregierung richtig entschieden, als sie 2008 das Recht auf
einen Betreuungsplatz für ein und zwei Jahre alte Kinder festschrieb.
Dass sie mit der Umsetzung des Rechtsanspruchs die Kommunen
beauftragte, liegt auf der Hand. Schließlich fällt der Bedarf auch
dort an. Aber damit genug des Lobes.

Der Rechtsanspruch auf einen Platz in der U3-Betreuung ist wieder
ein Beispiel dafür, wie Zusagen kurz vor Toresschluss mit Haken und
Ösen eingehalten werden sollen. Die Städte sind mangels finanzieller
Möglichkeiten gezwungen, Übergangslösungen anzubieten, die sich
angesichts der Kassenlage da und dort als dauerhaft erweisen werden.
Sehr wahrscheinlich ist das der Politik und den Behörden auch klar.
Wenn NRW-Familienministerin Ute Schäfer die gute U3-Platz-Quote auf
dem Land anmerkt und Mangel lediglich in einigen Großstädten
einräumt, ist das nicht viel mehr als eine Beruhigungspille. Auf dem
Land ist die Nachfrage nach solchen Betreuungsangeboten üblicherweise
viel geringer als in Städten. Hier ist die Zahl der Alleinerziehenden
erheblich höher. Und nicht zuletzt für diese immer größer werdende
Gruppe ist das Gesetz ja auch gemacht worden.

In den von Frau Schäfer angesprochenen wenigen Großstädten werden
schon viele Anwälte die Bleistifte spitzen. Denn Rechtsanspruch
bedeutet, dass ein Angebot auch eingeklagt werden kann. Prozessgegner
sind in diesen Fällen die Kommunen. Damit beißt sich für Städte wie
beispielsweise Wuppertal, Remscheid oder Krefeld die Katze in den
Schwanz: nicht genügend Geld, um genügend U3-Plätze zu bauen, dafür
aber Entschädigungszahlungen, weil zu wenige U3-Plätze verfügbar
sind.

Angesichts der Notlage vieler alleinerziehender Mütter und Väter
muss ein ausreichendes Betreuungsangebot auch im Interesse der Kinder
schlicht selbstverständlich sein. Das haben die Politiker richtig
erkannt.

Aber trotz aller Erfolgsmeldungen entsteht drei Wochen vor
Inkrafttreten des Rechtsanspruchs zunehmend der Eindruck, dass die
gute Idee für manche Stadt und einige Eltern ein anhaltendes Ärgernis
werden kann.

Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2370
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de
www.wz-newsline.de

Weitere Informationen unter:
http://