Westdeutsche Zeitung: Verbraucher müssen die Zeche zahlen = von Ingo Faust

Dürren in Russland, Fluten in Australien,
hemmungslose Spekulanten und teure Dioxin-Skandale – die Lebensmittel
werden in diesem Jahr kräftig teurer, und wieder einmal müssen die
Verbraucher die Zeche zahlen. Dass die Rohstoffpreise weltweit
explodiert sind, weiß inzwischen jeder. Die Konsumenten haben das
aber bisher mehr auf Erdöl für Benzin oder Erze für Stahl bezogen.
Jetzt geht es auch um ihr täglich Brot. Die Preisindizes für
Grundnahrungsmittel haben weltweit Rekordniveau erreicht – schon
länger. Mit ihrer stark ausgebauten Discount-Landschaft im
Lebensmittelhandel leben die Deutschen noch auf einer Insel der
Seligen. Hierzulande sind die niedrigsten Preise üblich. Nach den
jüngsten Nahrungsmittel-Skandalen, bei denen Legehennen und Schweinen
Müll als Futter angeboten wurde, gilt das offenbar auch für die
Qualität – sie ist niedrig. Der Preis ist bei uns das wichtigste
Argument beim Kauf, auch wenn sich das langsam ändert. Die
Bio-Branche boomt jedenfalls wie nie zuvor. Die Höfe, die nach
traditioneller Art arbeiten, können derzeit nicht soviel zuliefern,
wie nachgefragt wird. Die nach oben geschossenen Preise für Getreide,
Speiseöle und Zucker bekommen jetzt auch die deutschen Verbraucher
zu spüren. In der EU sind die Butter- und Zuckerberge längst
abgeräumt, die Milchseen ausgetrocknet. Alles ist in den Export
gegangen – vor allem nach Russland, Asien und Osteuropa. Die
Lebensmittelbranche sollte aber den Bogen nicht überspannen und an
die Konsumenten nur tatsächlich gestiegene Rohstoffkosten und nicht
eigene Gewinnzuwachs-Wünsche weitergeben. In einem Brötchen stecken
etwa drei Cent Kosten für Weizen. Verdoppelt sich der Getreidepreis,
sind das drei Cent mehr und nicht gleich zehn Cent Aufschlag. Schuld
an den explodierten Rohstoffkosten sind auch Spekulanten, die ein
neues Spielfeld entdeckt haben. Mit dem Hunger der Menschen in der
Dritten Welt Roulette zu spielen, ist aber ziemlich schäbig. Die
Zocker könnten sich auch selbst eine blutige Nase holen, denn die
Höhen der Ernten bestimmt immer noch die Natur, und die ist
unberechenbar. Auch die Verbraucher könnten selbst eine Menge tun und
sparsam wirtschaften: Im reichen Europa landet immer noch ein Viertel
der Lebensmittel im Müll. Das muss nicht sein!

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