Die nordrhein-westfälische CDU ist in einem
tiefen Tal. Der Machtverlust hat die Partei bis ins Mark erschüttert.
Er hat dazu geführt, dass mit Jürgen Rüttgers der erfolgreichste
CDU-Landeschef seit den 60er Jahren das Handtuch werfen muss. Und es
ist eine absurde Situation: Nach den vermeintlich besten fünf Jahren,
die die Partei in den vergangenen vier Jahrzehnten hatte, benötigt
sie einen Neuanfang. Denn die Partei ist derzeit ein Scherbenhaufen.
Norbert Röttgen ist der neue Hoffnungsträger der Partei. Sie hat ihn
in einer eindrucksvollen Manier gekürt: Die Beteiligung an der
Mitgliederbefragung war aller Ehren wert und der Vorsprung Röttgens
gegenüber seinem Konkurrenten Armin Laschet deutlich genug, um ihn
zur klaren Nummer 1 zu machen. Doch Röttgen weiß selbst am besten,
dass er eine schwierige Aufgabe übernommen hat. Zu allererst wird er
Ordnung in der Landesparteizentrale schaffen. Sie ist in den
vergangenen Jahren zu einem Ort des Misstrauens, der Bespitzelung und
des Geheimnisverrats geworden. Er kommt mit einer neuen Mannschaft,
die angeführt wird von dem alten Bekannten Oliver Wittke. Der muss
nachweisen, dass er mehr ist als ein ewiges Talent. Vor allem aber
muss Röttgen die CDU wieder thematisch in die Offensive bringen. In
den beiden zentralen landespolitischen Feldern – der Bildungs- und
der Kommunalpolitik – war die Union unter Rüttgers weit
zurückgefallen. Wenn CDU-Landräte und Oberbürgermeister vor dem
Landtag gegen die eigene Regierung protestieren, ist das verheerend.
Hier muss Röttgen eine Lücke schließen. Das wird ihm gelingen, denn
die Basis arbeitet ihm entgegen. In vielen Rathäusern waren die
Entscheidungsträger weiter als so manch ein Ideologe in der
Staatskanzlei. Die große Gefahr für Röttgen liegt in einem anderen
Feld. Er ist weit von Düsseldorf entfernt und hat keine Plattform der
Auseinandersetzung mit Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Im
Landtag wird es keinen wahren Oppositionsführer geben, Röttgen bleibt
da nur die Rolle des Gastkommentators. Mit Norbert Röttgen wird sich
die CDU heute einen klugen, ehrgeizigen Landesvorsitzenden wählen.
Die Partei wittert eine Chance, weiß um das Risiko. Dazu gibtes keine
Alternative.
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