Westdeutsche Zeitung: Wehrbeauftragter nennt Ausrüstung der Soldaten „ein Drama“ – Sicherheit hat Vorrang vor Normen Von Wolfgang Radau

Der mächtigste Feind der Bundeswehr, so scheint
es, ist die eigene Verwaltung. Sie sollen andere schützen, unsere
Soldaten, die nun seit acht Jahren in Afghanistan im Krieg sind. Aber
ihr eigener Schutz ist eher zweitrangig. Zu Recht beklagt der
Wehrbeauftragte Königshaus, dass in vielen Fällen deutsche Normen und
Vorschriften Vorrang vor vitalen Sicherheitsbedürfnissen haben. Und
das nicht erst unter Minister Guttenberg.

Es geht um die großen und die kleinen Dinge, die das Leben des
Soldaten im Einsatz schützen und erträglich machen. So fehlen etwa
Spezialfahrzeuge zur Sprengstoffbeseitigung – die Amerikaner haben
sie, bei uns kommen sie nicht durch den Tüv. Gebraucht werden
gepanzerte Sanitäts-Fahrzeugen vom Typ Dingo. Die gibt es zwar – beim
österreichischen Bundesheer. Bei uns erhalten sie keine Zulassung,
weil die Stehhöhe im Inneren zu niedrig ist. Oh heiliger Bürokratius!

Die Bürokratie begleitet seit Jahrzehnten wichtige
Rüstungsvorhaben, ohne die Großeinsätze im Ausland nur schwer
durchzuführen sind. So wird seit 1982 ein Transportflugzeug
entwickelt, das die Transall-Maschinen aus den 60er Jahren ersetzen
soll. Letzter Stand der Dinge: Die Entwicklung kostet 11 Milliarden
mehr, und die Bundeswehr bekommt ihre Militär-Airbusse erst 2014 bis
2020. Dabei gibt es brauchbare Modelle am Markt zu kaufen – sogar in
Russland.

Für die deutschen Streitkräfte werden über Jahre Dinge
ausgetüftelt und erprobt. Ferngelenkte Aufklärungsdrohnen zum
Beispiel – die hat im Prinzip jedes Modellbau-Geschäft auf Lager.

Selbst der Nachschub klemmt. Weil das Mobiliar für geschützte
Unterkünfte in Kundus monatelang über See schippert, schlafen immer
noch Soldaten in Zelten. Nicht mal Feldbetten sind für alle da. Und
wer Pech hat, muss wochenlang das gleiche Fertiggericht löffeln.
Obwohl es die Einmannpakete in täglich wechselnden
Geschmacksvariationen gibt – zu Hause, im Depot.

Es sind keine zusätzlichen Milliarden notwendig, um die Soldaten
in Afghanistan besser zu stellen. Sondern es bedarf flexibler Köpfe
an der Heimatfront. Die Deutsche Bahn bietet in diesen Tagen ein
gutes Beispiel: Innerhalb kurzer Zeit hat sie auf Druck der
Öffentlichkeit ein großflächiges Problem erkannt – und Abhilfe in die
Wege geleitet.

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