Die hinter der sogenannten Dashcam stehende
Idee ist bestechend: Permanent wird das Verkehrsgeschehen mit der an
der Windschutzscheibe installierten Kamera aufgezeichnet. Das so
gesicherte Beweismaterial dient dem Fahrer dazu, nach einem Unfall
seine Unschuld zu beweisen. Im vergangenen Jahr hat das Amtsgericht
München entschieden, dass solche Aufnahmen tatsächlich als Beweis
verwertet werden können. Es ging zwar um eine von einem Radfahrer mit
einer Helmkamera gemachte Aufnahme, doch der Fall ist vergleichbar.
Und es stimmt ja auch: Es kann für einen Verkehrsteilnehmer in
Beweisnot eine gute Sache sein, wenn er den Unfallhergang detailliert
belegen kann. Dumm nur, wenn die Bilder seine eigene Schuld belegen .
. . Doch in diesem erstinstanzlichen Urteil blieben sehr
grundsätzliche Fragen unbeantwortet. Fragen, die das
Verwaltungsgericht Ansbach – freilich auch nur eine untere
Justizinstanz – gestern zugunsten von mehr Datenschutz beantwortete.
Danach können solche Dashcams aus Datenschutzgründen bedenklich sein.
Unabhängig davon, wie die Berufungsinstanz über diesen Fall
entscheidet, ist auch der Gesetzgeber gefordert, hier Grenzen zu
ziehen. Die Dashcam zeichnet schließlich nicht nur ständig den
Verkehr auf, sondern nimmt auch alle Personen ins Visier, die sich in
der Nähe der rollenden Kamera aufhalten. Diese Menschen erfahren
nichts über die Aufnahme. Welch ein Aufschrei würde durchs Land
gehen, wenn die Polizei sich so etwas anmaßte! Und Privatleuten soll
ein solches Verhalten erlaubt sein? Mit allen Risiken, allen voran
dieses: dass die Bilder der so Gefilmten jederzeit im Internet
auftauchen können, wenn sie nur bloßstellend genug sind, um dem
Massengeschmack über das zu entsprechen, was für lustig gehalten
wird. Im öffentlichen Raum sollten wir uns frei bewegen können.
Dieses gesellschaftliche Idealbild hat längst Risse bekommen – durch
Zehntausende Kameraaugen, die uns täglich in Bussen, Bahnen, an
Bahnhöfen oder in Geschäften verfolgen. Die Zahl der Objektive sollte
nicht nochmals vervielfacht werden – um des Vorteils willen, einen
Beweis zu haben nach einem Unfall, in den jeder von uns doch nur
höchst selten verwickelt wird.
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