Vielleicht hat bei Bundeskanzlerin Angela
Merkel ausnahmsweise einmal das Herz über den Kopf entschieden, als
sie unter dem Eindruck der Katastrophe von Fukushima den Atomausstieg
Deutschlands ankündigte. Vielleicht wäre es mit dem Abstand von ein
paar Wochen besser gewesen, die Abschaltung des letzten Meilers nicht
schon auf 2022 zu datieren. Aber so ist es vor etwa einem Jahr
geschehen. Und nun gibt es kein Zurück mehr – nicht, weil das
technisch nicht ginge, sondern weil es die falsche Entscheidung wäre.
Ein längeres Festhalten an der Atomkraft schöbe das Energieproblem
nur auf. Denn auch die Menge beispielsweise von Uran auf der Erde ist
begrenzt. Und dann ist da ja immer noch die unbeantwortete Frage nach
dem Endlager für Atommüll. Die Energiewende ist eingeleitet. Sie nun
abzubrechen hieße, mehr Zeit zu verlieren als das Jahr, das seit der
Entscheidung Merkels ins Land gegangen ist. Umso skandalöser ist
allerdings das Tempo, mit dem das Bundesumweltministerium und die
nachgeordneten Behörden den Ausbau der Stromtrassen von Nord nach Süd
bisher betrieben haben. Erbärmliche 100 Kilometer sind nach
offiziellen Angaben bisher fertiggestellt. 3800 Kilometer fehlen
noch. Wenn Gottlieb Daimler, Carl Benz oder Adam Opel ähnlich schnell
gehandelt hätten, führen heute noch Pferdedroschken an Rhein, Ruhr
und Wupper. Es ist richtig und dringend notwendig, dass Merkel die
Energiewende nun zur Chefsache erklärt und ihren neuen Umweltminister
Peter Altmaier damit gleichzeitig stark macht. Ebenso richtig ist,
dass die Bevölkerung früh an den Planverfahren beteiligt wird.
Dadurch ist zwar mit zeitraubenden Einsprüchen gegen Stromtrassen und
-masten zu rechnen. Doch erstens ist so ein Jahrhundertprojekt gegen
den Willen der Gegner nicht ohne weiteres umsetzbar, wie das Beispiel
Stuttgart 21 zeigt. Und zweitens werden die meisten Projekte durch
Bürgerbeteiligung nicht schlechter, sondern besser. Die Energiewende
wird sich letztlich als gut für Deutschland herausstellen. Aber einen
Nachteil hat sie doch. Milliarden von Euro für Masten und Leitungen
müssen refinanziert werden. Das heißt: Verglichen mit dem, was kommt,
sind die Strompreise von heute echte Schnäppchen.
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