Westfalen-Blatt: Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU): »Die neue Raab-Talkshow bei Pro 7 ist absoluter Unfug«.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat
das Konzept der neuen Talkshow mit Stefan Raab scharf kritisiert und
als Unfug bezeichnet. Das berichtet das Bielefelder Westfalen-Blatt
(Freitags-Ausgabe). In der neuen Sendung, die Pro 7 am Sonntag um
22.45 Uhr zum ersten Mal ausstrahlt, können Politiker 100 000 Euro
für überzeugende Argumente kassieren. Eine Kampfansage an die ARD,
die bislang das Polittalk-Monopol besaß und für die sonntags eine
Stunde früher Günther Jauch auf Sendung geht, schreibt die Zeitung.
In »Absolute Mehrheit – Meinung muss sich wieder lohnen« debattieren
Berufspolitiker, Prominente und nicht prominente Menschen mit dem
Ziel, die absolute Mehrheit der Zuschauer hinter sich zu versammeln.
Wer das schafft, kassiert 100 000 Euro. In der ersten Sendung soll es
um die Themen Steuergerechtigkeit, Energiewende und Soziale Netzwerke
gehen. Lammert lehnt das Konzept der Talkshow Geld für Argumente ab.
»Das ist absoluter Unfug. Wer Geld für Meinungen aussetzt, bestellt
Meinungen für Geld«, sagte Lammert dem Westfalen-Blatt. Eine andere
Auffassung vertritt der Medienwissenschaftler Bernd Gäbler, schreibt
das Westfalen-Blatt. Er ist der Meinung, Raab eine Chance zu geben
und wünscht sich zudem, dass der ARD eine Konkurrenz erwächst. »Raab
ist das, was die ARD nicht ist: innovativ«, sagte der frühere Leiter
des Grimme-Instituts und Dozent für Journalistik an der
Fachhochschule des Mittelstands in Bielefeld dem Westfalen-Blatt.
Wenn es Raab schaffe, die Themen aufzugreifen, die junge Leute
interessierten, könne er sein Publikum in die Talkshow mitnehmen: »In
der ARD guckt keiner die Talkshows, der unter 60 ist.« Bei möglichen
Themen denkt Gäbler zum Beispiel an Facebook und die Datensicherheit,
an Tierschutz, Völkerverständigung, die Occupy-Bewegung oder Dritte
Welt. Den Vorwurf des ARD-Chefredakteurs Thomas Baumann, wonach Raab
aus ernster Politik Show mache, hält der Experte für einen »Witz«,
berichtet das Westfalen-Blatt. Das Fernsehen sei schon immer ein
Unterhaltungsmedium gewesen und werde es bleiben. Auch der Talk in
der ARD sei eine Show-Veranstaltung, betonte Gäbler und erinnerte
daran, dass bei Günther Jauch jüngst Jörg Kachelmann und seine Frau
saßen, weil sie gerade ein Buch über den Vergewaltigungsprozess und
die Folgen geschrieben hatten. Von den ARD-Moderatoren werde sich
Raab auch durch seine »erfrischende antiautoritäre Art«
unterscheiden, meint Gäbler. Im vergangenen Jahr hatte Gäbler bereits
in der Studie ». . und unseren täglichen Talk gib uns heute!« dem
Dauergeplapper im Ersten den Spiegel vorgehalten. Jauch, Plasberg
oder Will deckten nicht wirklich das ab, was die Menschen im Land
bewege. Die Talkshows seien »eher ein Sehschlitz mit eingeschränktem
Blickfeld, durch den auf die Gesellschaft geschaut wird«, stellte
Gäbler fest. Statt neue Themen aufzuspüren, werde nur bereits
Eingetretenes behandelt und bekannte Argumente prallten aufeinander.
Immer wieder gehe es um Zweiklassenmedizin, Altersarmut, Hartz IV
oder Pflegenotstand. Gäbler: „Die Zeit für Neues und Neue ist
reif“.

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Andreas Kolesch
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