Früher war die Börse ein Frühindikator für die
wirtschaftliche Entwicklung. Das ist seit der Finanzkrise anders.
Wegen der niedrigen Zinsen und fehlender Alternativen bleiben die
Anleger möglichst lange in Aktien investiert – selbst dann, wenn sich
negative Entwicklungen wie etwa ein konjunktureller Abschwung
abzeichnen. Erst wenn nicht nur die Prognosen, sondern auch die
Statistiken nach unten zeigen, wenn also aus Ahnung Gewissheit und
aus Spekulation Wahrheit werden, reagieren die Börsen – dann
allerdings in der Regel umso heftiger.
Insofern ist das Geschehen an den Börsen von Schanghai und
Shenzhen ein wirkliches Alarmzeichen. Die Krise in China »droht«
nicht mehr, sie ist da. Das Gute daran ist: Keiner kennt Ausmaß und
Dauer. Allerdings weiß jeder um die Bedeutung Chinas für die
Weltwirtschaft. Jedenfalls jeder Börsianer.
Richtig ist auch: Die Anleger haben die Chancen der chinesischen
Wirtschaft lange über- und die Risiken ebenso lange unterschätzt. Der
Crash zu Jahresbeginn ist Teil einer allerdings schmerzhaften
Normalisierung. Das Regime in Peking versuchte, sie zu verhindern, in
dem sie den Aktienhandel noch mehr reglementierte. Doch die alten
Mechanismen vertragen sich nicht mit der Freiheit. Der Versuch musste
scheitern.
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Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
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