Für die zivilisierte Welt ist die Sache
glasklar: Die Todestrafe kommt nicht infrage, grundsätzlich. Und
schon gar nicht, wenn es um 529 Todesurteile gestern und womöglich
bis zu 600 weitere heute in Ägypten geht. Nein, das Rechtswesen des
aufgewühlten Landes hat sich mit dieser Rachejustiz vor der gesamten
Weltöffentlichkeit unmöglich gemacht. Mag sein, dass durch Revision,
politische und theologische Einflussnahme manche Entscheidung noch
abgemildert wird – der Ruf Ägyptens aber ist ruiniert, der Vorgang
absolut inakzeptabel. Ja, ein großer Teil der ägyptischen
Gesellschaft steht hinter dem stahlharten Kurs gegen die
Muslimbrüder. Und: Die Militärs dürfen sich nach dem Intermezzo der
Islamisten in der Regierung des Rückhalts bei fortschrittlichen
Ägyptern sicher sein. Trotzdem hat Abdul Fattah al-Sisi, der neue
Pharao in Uniform, überzogen. Jedes Urteil wird die Spaltung der
Gesellschaft tiefer, den Weg zur Versöhnung unmöglicher machen. Mit
drakonischen Strafen mag man Pyramiden errichten können, nicht aber
ein Volk von gestern in die Zukunft führen.
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