Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu G20 und Afrika

Mit dem deutschen Vorschlag für einen
»Marshallplan mit Afrika« machen die G20 Europas südlichen Nachbarn
erstmals zu einem Schwerpunkt ihres Treffens. Die Demos in Hamburg
mögen lauter sein, aber dieser Tagesordnungspunkt hat wirklich
Substanz. Schade, dass er kaum Beachtung findet.

Die 55 Länder zwischen dem Kap der Guten Hoffnung und Cap Engela
in Tunesien werden als »Chancen-Kontinent« betrachtet. Mit fairen
Handelsverträgen, echter Klima- und Umweltpolitik soll Afrika zum
Selbstversorger werden und direkt ins Digitalzeitalter springen.
Unvorstellbar? Doch, doch! IT-Boom in Nairobi, Bankentürme in
Johannesburg, High-Speed-Netze in Ghana und auch die extreme
Sauberkeit auf Ruandas Straßen rütteln an den veralteten
Vorstellungen in unseren Köpfen.

Seit Monaten wurde bei Vorkonferenzen der deutschen
G20-Präsidentschaft ein diskussionswertes Konzept erarbeitet:
Wirtschaftsverträge ohne Handgeld für Autokraten sowie Bildung und
etwas Wohlstand für alle, die sich anstrengen. Wo waren die
Demonstranten bei diesen Debatten? Was ist kritikwürdig an einer
Globalisierung, die Afrika einen Platz in der Welt anbietet, den der
Kontinent aus eigener Kraft nicht in Jahrzehnten erreichen würde?
Niemand blendet Korruption, Kriege, Krankheiten und Hunger aus. Aber
das ist nicht alles. Zwei Drittel der afrikanischen Regierungen
wollen Wohlfahrt für sich und – nach einem langen Lernprozess – auch
für ihre Völker. Außer Donald Trump und Xi Jinping unterstützen fast
alle G20-Partner das Konzept. Längst werden Reformpartnerschaften mit
Ländern geschlossen, die die bitterste Armut überwunden haben und auf
dem Weg zu stabileren und gerechteren Verhältnissen sind.
Fluchtursachen werden nicht durch Abschottung, sondern durch neue
Gründe zum Bleiben bekämpft. Das Signal an schon bald zwei Milliarden
Afrikaner: Die reichen Länder bieten Wirtschaftsförderung ohne
Bevormundung, aber mit massiver Hilfe zugunsten von Jobs, Rechtsstaat
und demokratischer Beteiligung.

Deutschland nehme Afrika beim Wort, sagt Entwicklungsminister Gerd
Müller (CSU): »Wer vorangeht und Reformen umsetzt, kann mit mehr
Unterstützung von uns rechnen.« 2018 will Deutschland eine Milliarde
Euro zusätzlich in ausgewählte Volkswirtschaften stecken. Schon 2017
ist der Anteil der Entwicklungsgelder am bundesdeutschen Gesamtetat
so hoch wie noch nie. In Afrika hat der von Müller angestoßene
Marshallplan längst einen eigenen Namen: Merkel-Plan. Bislang gehörte
allein Südafrika zum erlauchten Kreis der G20. Gestern traf auch der
Präsident der Afrikanischen Union (AU) in Hamburg ein. Mehr als fair
wäre es, künftig das Format »G21« zu haben.

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Andreas Kolesch
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