Joachim Gaucks Besuch im französischen
Oradour-sur-Glane war bedeutungsvoll. Die Worte, die der
Bundespräsident sprach, waren gut gewählt. Emotional aufgeladen
verlief das Treffen mit den Überlebenden von 1944. Diesen Gefühlen
begegnete der Bundespräsident mit Respekt, erwiderte sie. Gauck traf
den Ton. Hätte er sich doch bloß während des gesamten Besuches über
so zurückhaltend gezeigt. Kurz nach seiner Ankunft in Frankreich
glaubte Gauck, Präsident Francois Hollande zu Reformen ermahnen zu
müssen. In der Sache hat der Bundespräsident Recht. Frankreich geht
es nicht gut. Die Wirtschaft kommt nicht voran, die Arbeitslosigkeit
steigt, die Staatsfinanzen laufen aus dem Ruder. Hätte Gauck nur
Oradour besucht – in Ordnung. Würde er nur wirtschaftliche
Veränderungen in Frankreich fordern – auch in Ordnung. Beides
zusammen geht nicht. Gauck besucht als erstes deutsches
Staatsoberhaupt überhaupt die Gedenkstätte von Oradour. Wenn der
Staatsbesuch als Akt der Versöhnung gedacht war, bietet er nicht den
richtigen Rahmen für einen erhobenen Zeigefinger.
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