Nun also doch: Die Iren sind über ihren Schatten
und unter den Rettungsschirm gesprungen. Nicht nur sie selbst können
froh sein, dass es mittlerweile politische Instrumente wie den
Rettungsschirm gibt. Wir alle haben etwas davon. Irland steckt im
Schlamassel. Das Land ist nicht mehr in der Lage, seinen Haushalt und
vor allem seine maroden Banken aus eigener Kraft zu sanieren. Dass
die Regierung sich so lange so schwer damit getan hat, um finanzielle
Hilfe zu bitten, liegt nicht zuletzt daran, dass Irland erst seit
etwa 60 Jahren unabhängig ist. Öffentlich als Bittsteller aufzutreten
fällt wohl keinem Menschen, schon gar keinem Staat leicht.
Glücklicherweise ist der Austausch zumindest in der Europäischen
Union mittlerweile so gut, dass Hilferufe ausdrücklich erwünscht
sind. Nun freut sich natürlich niemand darüber, wenn einmal mehr ein
Land katastrophale Zahlen offenlegt. Zumindest auf politischer Ebene
hat man aber mehrheitlich eingesehen, dass Staaten, sofern sie sich
auch in Zukunft glaubhaft als Partner präsentieren wollen, einander
helfen müssen. In einem Staatenverbund wie der Europäischen Union
geht es nie um nur ein Mitglied allein. Die Gefahr ist zu groß, dass
ein Land, das stürzt, andere mit hinunterreißt. Vernünftige Politiker
handeln deshalb nie nur im eigenen, sondern immer auch im
europäischen Interesse. Rein nationalstaatliches Denken passt nicht
mehr in eine Zeit, in der Politik, Wirtschaft und Kultur aufs Engste
verflochten sind. Deutschland kann es allein schon deshalb nicht egal
sein, was mit Irland passiert, weil das Land deutschen Banken jede
Menge Geld schuldet – nämlich mindestens 100 Milliarden Euro. Das ist
etwa ein Drittel des Bundeshaushalts des kommenden Jahres. Fest steht
aber, wer Geld bekommt, muss Bedingungen erfüllen. Zwar wird es
gerade Irland, das immer noch unter dem Trauma langjähriger
Fremdherrschaft leidet, nicht gefallen, wenn andere Länder sich in
seine Innenpolitik einmischen. Zu den Bedingungen, unter denen das
Rettungspaket gewährt worden ist, gehören aber nunmal
Steuererhöhungen. Und die sollte Irland auch schleunigst umsetzen.
Nicht nur das Land selbst ist in der Pflicht. Die gesamte Europäische
Union ist es. 2013 läuft der Rettungsschirm aus. Die Europäer müssen
spätestens bis dahin, am besten jedoch so schnell wie möglich, die
finanzielle Stabilität ihres Verantwortungsgebiets wiederherstellen.
Wie das gelingen kann? Indem Politiker es sich ein für alle Mal
abgewöhnen, Steuersenkungen ins Spiel zu bringen, sobald die
Konjunktur anzieht. Wie schnell sich die Dinge gerade vom Guten zum
Schlechten ändern können, sollte jeder in den vergangenen zwei Jahren
gelernt haben. Sparen macht nicht so viel Freude wie Geld auszugeben.
Es ist aber notwendig, damit Menschen mit Freude und Zuversicht in
ihrem Land leben können.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 – 585261