Der Tag wird kommen, da ein Jura-Studium die
wichtigste Qualifikation für einen künftigen Manager sein wird.
Wichtiger als Betriebswirtschaft, Technik, Marketing. Wer–s nicht
glaubt, schaue nur auf die Wirtschaftsseiten seriöser Tageszeitungen.
Wohl nie war der Anteil der Berichte über staatsanwaltliche
Ermittlungen und Gerichtsverfahren so groß wie in den vergangenen
Wochen. Besonders gebeutelt ist in dieser Hinsicht die Deutsche Bank.
Schlagzeilen machte zuletzt vor allem der Verdacht auf
Steuerhinterziehung beim Handel mit CO2-Zertifikaten. Richtig teuer
wird wohl der Schadensersatz für die Kirch-Erben. Zudem fochten
Aktionäre der Deutschen Bank Beschlüsse der Hauptversammlung
erfolgreich an. Und die Stadt Mailand setzte eine Entschädigung für
Verluste mit Derivaten durch – ähnlich wie zuvor schon deutsche
Kommunen. Fast könnte man Mitleid mit der Bank haben – wären da nicht
die kriminelle Energie hinter der Steuerhinterziehung und der Fauxpas
des Vorstands Jürgen Fitschen, der glaubte, sich bei seinem
Ministerpräsidenten beschweren zu können. Seit Klaus Zumwinkel ist es
üblich geworden, dass die Behörden Razzien schon bei bloßem Verdacht
möglichst öffentlichkeitswirksam durchführen. Doch was in den USA
normal ist, muss bei uns nicht richtig sein. Auf kein Mitleid können
die Manager hoffen, die straffällig wurden, weil sie den Rachen nicht
voll bekamen und dafür Bilanzen frisierten sowie Öffentlichkeit,
Banken oder Anleger täuschten. Dies sind die Vorwürfe, deretwegen
sich die früheren Porsche-Vorstände Wendelin Wiedeking und Holger
Härter sowie Manager der HSH Nordbank um Ex-Chef Jens Nonnenmacher
verantworten müssen. Auch den früheren Schieder-Finanzchef Heinrich
Griem scheinen die Mauscheleien nun doch noch einzuholen. In einem
anderen Prozess, der gerade in Bielefeld abgeschlossen wurde, setzte
Gildemeister sein Recht gegen einen früheren Mitarbeiter durch. In
keinem der bisher angeführten Verfahren schießt die Justiz über das
Ziel hinaus. Es sind die Manager selbst, die ihre Firmen in
Misskredit bringen. Das gilt ebenso für Kartellverstöße. Dass
Thyssen-Krupp nun für illegale Preisabsprachen mit anderen
Schienenbauern Schadensersatz an die Bahn leisten soll, ist recht und
billig. Viel Staub wirbeln Verfahren auf, in denen Marke mit Marke
streitet: Dr. Oetker gegen Aldi, Haribo gegen Lindt, Apple gegen
Samsung. Solange Gleichstarke streiten, ist keine Gefahr in Verzug.
Bei manchen Verfahren nicht nur in den USA hat man aber den Eindruck,
als ginge es den Mächtigeren darum, Kleinere aus dem Markt zu klagen.
Ist die Wirtschaft krimineller geworden? Wohl nicht. Allerdings kamen
Straftatbestände hinzu. So ist es noch nicht allzu lange her, da
konnten Firmen Ausgaben für Korruption sogar von der Steuer absetzen.
Hinzu kommen Erleichterungen bei den Ermittlungen. Für die Namen und
Daten von Steuerhinterziehern, die heute auf eine CD passen, hätte
ein Ankläger früher viele Aktenregale durchstöbern müssen.
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