Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Merkel bei Trump

Es wurden keine Krisen gelöst oder große
Beschlüsse gefasst. Aber das war auch nicht erwartet worden, wenn der
mächtigste Mann der Welt erstmals auf die mächtigste Frau Europas
trifft. Vielmehr ging es bei diesem Premieren-Besuch um ein reines
Kennenlernen, ein erstes Beschnuppern. Zu sehen, ob die Chemie stimmt
und welchen Umgang man miteinander pflegen will.

Am Ende war es ein Treffen, bei dem die Gemeinsamkeiten und die
Zusammenarbeit immer wieder höchst diplomatisch betont wurden. Aber:
Der Besuch der Kanzlerin hat auch gezeigt, dass von Deutschland
künftig mehr erwartet und insbesondere die USA Deutschland mehr
abverlangen werden, als es in den vergangenen Jahren der Fall war.

Auch bei diesem historischen Treffen sind es wieder die großen
Bilder und Gesten, die um die Welt gehen (sollen). Auf Trumps
ausdrücklichen Wunsch haben der US-Präsident und Angela Merkel eine
Viertelstunde unter vier Augen gesprochen – nur Dolmetscher waren
zugelassen. Beim Fototermin kurz zuvor war es Trump, der Merkel
keines einzigen Blickes würdigte und einen Handschlag offenbar ganz
bewusst vermied, während die Kanzlerin fast schon genüsslich
schmunzelte, als würde sie sich amüsieren.

Bilder sagen mehr als tausend Worte: »Besser« hätten Trump und
Merkel das aktuell angespannte Verhältnis der Öffentlichkeit nicht
dokumentieren können. Beim anschließenden Austausch beider
Wirtschaftsdelegationen und auch bei der Pressekonferenz war die
Atmosphäre viel gelöster, fast schon freundschaftlich.

Wenn am Freitag eines deutlich geworden ist, dann das: Donald
Trump wird vermutlich Angela Merkels größte Herausforderung werden –
inhaltlich und persönlich. Er wirkte beim Premierentreffen zwar
überraschend handzahm, vermied öffentliche Beschimpfungen, lobte
Angela Merkel plötzlich ausdrücklich für ihre gute Politik und ließ
auch kein America-first-Gehabe durchblicken.

Aber klipp und klar ist, dass Trump von Deutschland als
Nato-Mitglied mehr Zahlungen verlangt als zuletzt. Er legt Wert auf
faire Handelsbeziehungen, wobei der US-Präsident deutlich zu machen
versuchte, dass Amerika in den vergangenen Jahren sehr ungerecht
behandelt worden sei. Auch Merkel hält viel von freiem und fairen
Handel – sie meinen damit aber offenbar nicht das selbe. Darüber wird
noch ernster zu reden sein.

Die nächsten Tage und Wochen werden zeigen, ob Trump und Merkel
sich wirklich näher gekommen sind. Der Anfang ist gemacht. Nicht
mehr, aber auch nicht weniger. Spätestens beim G 20-Gipfel Anfang
Juli werden sich Donald Trump und Angela Merkel wiedersehen. Dann hat
die Kanzlerin ein Heimspiel in Hamburg. Und Putin ist dann auch
dabei.

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 – 585261

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